Stuttgart – Barbara Rittner hat in ihrer Amtszeit schon einige unbequeme Entscheidungen treffen müssen, doch so schwer wie dieses Mal hat sich die Teamchefin des deutschen Fed-Cup-Teams noch nie getan.
«Einfach ist es nicht, das stimmt», sagte Rittner vor der Nominierung für das eminent wichtige Relegationsspiel der deutschen Tennis-Damen gegen die Ukraine. Es sind mehrere Faktoren, die die Zusammenstellung der Mannschaft für die Partie in Stuttgart am 22. und 23. April zu einem brisanten Puzzle werden lassen.
Da sind zum einen die schwankenden Leistungen der Kandidatinnen im bisherigen Saisonverlauf. So richtig überzeugen konnte 2017 noch keine Spielerin, einen deutschen Turniersieg gab es in diesem Jahr bislang nicht. Immerhin zeigte Angelique Kerber mit dem Finaleinzug in Monterrey in der vergangenen Woche ansteigende Form, weshalb die in der ersten Runde bei der Niederlage gegen die USA auf Hawaii noch pausierende Weltranglisten-Erste natürlich gesetzt ist.
«Es ist immer wichtig, eine selbstbewusste Nummer eins im Team zu haben», sagte Rittner. «Ich freue mich auf die Woche mit den Mädels in Stuttgart. Wir wollen mit aller Macht in der Weltgruppe bleiben», sagte Kerber. Ihren Platz im Team sicher hat auch Julia Görges. Die 28-Jährige zeigt bislang noch die größte Konstanz, ist zudem als Doppelspezialistin unersetzlich. «Mit Jules Entwicklung bin ich sehr zufrieden», sagte Rittner.
Wie die Bundestrainerin die restlichen zwei Plätze besetzt, ist dagegen noch offen. Kandidatinnen sind Laura Siegemund, Carina Witthöft, Annika Beck und Mona Barthel. Auf die schwächelnde Andrea Petkovic verzichtet Rittner. «Ich habe mich entschieden», sagte die Teamchefin zwar, verraten will sie ihre Nominierung aber erst am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Stuttgarter Rathaus. Sie habe lange mit sich gerungen, erklärte Rittner.
Dass sich die 43-Jährige so schwer tat, hat auch mit der Besonderheit zu tun, dass direkt nach dem Fed-Cup-Wochenende in Stuttgart mit dem Porsche Tennis Grand Prix das wichtigste Turnier auf deutschem Boden stattfindet. Und da außer Kerber derzeit keine deutsche Spielerin zur erweiterten Weltspitze gehört, ist nach derzeitigem Stand nur Kerber im Hauptfeld der top besetzten Veranstaltung dabei.
Alle anderen müssten in die Qualifikation, die allerdings parallel zur Fed-Cup-Partie gegen die Ukraine stattfindet. Das bedeutet: Wen Rittner nominiert, der kann nicht beim WTA-Event in Stuttgart dabei sein. «Das ist äußerst unglücklich», sagte Rittner.
Zumal es auch nur eine Wildcard für eine deutsche Spielerin geben wird, nachdem sich die Veranstalter dazu entschieden haben, der Russin Maria Scharapowa einen Freifahrtschein zu gewähren. Die frühere Nummer eins der Welt ist noch wegen Dopings gesperrt, ihre Auszeit endet aber am 26. April im Verlauf des Stuttgarter Turniers.
Rittner hat bereits vor längerem ihren Unmut über diese Entscheidung kundgetan, da sie zulasten der deutschen Spielerinnen geht. Anders als in der Vergangenheit wird sie deshalb auch nicht über die zweite verfügbare Wildcard entscheiden. «Das sollen Anke Huber und Markus Günthardt machen», sagte Rittner. So oder so wird das Thema die Vorbereitung auf das Relegationsduell belasten. Dabei steckt auch so schon genug Brisanz in der Partie, wäre ein Abstieg für das deutsche Damen-Tennis doch verheerend.
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(dpa)