Paris – Gefeiert wird am Donnerstag auf dem Court Philippe Chatrier auf jeden Fall. Denn wenn im Überraschungs-Halbfinale der French Open die Schweizerin Timea Bacsinszky und Jelena Ostapenko aus Lettland aufeinandertreffen, dann haben beide Grund für eine Party.
Schließlich ist das Duell um den Finaleinzug, auf das im Vorfeld wohl nicht einmal die größten Zocker gewettet hätten, zugleich das Aufeinandertreffen zweier Geburtstagskinder. Bacsinszky wird am Halbfinaltag 28 Jahre alt, Ostapenko feiert ihren 20. Geburtstag.
Vor allem für die Lettin kommt es komplett unerwartet, dass sie ihren Ehrentag in Paris verbringt. «Um ehrlich zu sein, hätte ich nie damit gerechnet, dass ich zu dem Zeitpunkt noch in Paris bin», sagte die Nummer 47 der Welt, nachdem sie ihre wundersame Reise im Stade Roland Garros mit ihrem Dreisatzsieg gegen die frühere Weltranglisten-Erste Caroline Wozniacki aus Dänemark fortgesetzt hatte. «Als ich hierher gekommen bin, hätte ich absolut nicht erwartet, das Halbfinale zu erreichen.»
Doch in den vergangenen Wochen deutete sich bereits an, dass sich die Arbeit mit ihrer neuen Trainerin Anabel Medina Garrigues auf Sand auszahlt. Beim Turnier in Charleston stürmte sie bis ins Endspiel, in Prag erreichte sie mit ihrem aggressiven Spiel das Halbfinale. «Ich denke, Sand liegt mir», sagte Ostapenko, die ihren größten Erfolg mit dem Juniorinnen-Titel in Wimbledon 2014 allerdings auf Rasen feierte.
In Paris warf die Lettin unter anderem bereits Olympiasiegerin Monica Puig, die einmalige Grand-Slam-Turnier-Siegerin Samantha Stosur und nun eben die frühere Nummer eins der Welt Wozniacki aus dem Turnier. «Ich fühle mich einfach gut, habe viel Selbstvertrauen», sagte die stets lächelnde Ostapenko. Die noch 19-Jährige redet so wie sie spielt. Schnell, ohne Luft zu holen und auf den Punkt.
In ihrer Pressekonferenz nach ihrem Wozniacki-Coup kicherte sie immer wieder wie ein Teenager, der sie nun einmal auch immer noch ist. Auf dem Platz kann sie dagegen gnadenlos sein, pfefferte Wozniacki insgesamt 38 Winner um die Ohren.
Natürlich wurde Ostapenko nun auch gefragt, ob sie sich den ganz großen Triumph in Paris vorstellen könne. Es wäre ihr erster Titel auf der WTA-Tour überhaupt. Doch die Senkrechtstarterin wiegelte ab. «Erst einmal ist da noch ein Halbfinale und das wird sehr schwer.»
In der Tat wird spannend zu sehen sein, wie Ostapenko mit all den Begleiterscheinungen umgeht. Geburtstag, größtes Match der Karriere und dann in Bacsinszky eine sehr unangenehme Gegnerin, mit der sie sich abseits des Platzes sehr gut versteht. «Sie ist eine nette Person, wir sind gut befreundet», sagte sie über die Schweizerin, die zum zweiten Mal nach 2015 bei den French Open im Halbfinale steht.
Doch wie selbstverständlich kommt der Siegeszug in der französischen Hauptstadt auch für Bacsinszky nicht. Die Eidgenössin, die in der Vergangenheit ihre Karriere bereits beendet hatte, wirkte nach ihrem emotionalen Erfolg gegen Frankreichs Publikumsliebling Kristina Mladenovic völlig aufgewühlt. In der Presserunde redete sie fast eine halbe Stunde, berichtete unter anderem von einem Alptraum in der Nacht vor der Partie und ihrer besonderen Beziehung zu Paris. «Es ist magisch, was hier immer wieder mit mir passiert.»
Auch sie hatte nicht zu träumen gewagt, ihren Geburtstag mit einem Halbfinale bei ihrem Lieblingsturnier zu begehen. Und dass sie dabei auch noch auf ein anderes Geburtstagskind trifft, mache die Sache «einfach perfekt», sagte die Schweizerin. «Den Tag werden wir beide nicht vergessen.»
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(dpa)