Ratingen – Innovativer Vorschlag oder Schnapsidee? Bei den Olympischen Spielen 2024 könnte ein Acht- statt eines Zehnkampfs zum Programm gehören – wenn es nach Paul Meier ginge. Zu seinem Vorschlag gehört auch, dass der Siebenkampf der Frauen um eine Disziplin aufgestockt wird.
«Durch eine Reduktion soll die Attraktivität wieder gesteigert werden. Der Mehrkampf läuft doch gegenwärtig bei großen Titelkämpfe wie WM und Olympia nur nebenbei mit», sagte der einstige Weltklasseathlet und heutige Präsident des deutschen Zehnkampfteams der Deutschen Presse-Agentur. Der Europäische Leichtathletik-Verband EAA prüfe den Vorschlag.
Anstoß für diese Idee war ein neuer Vorstoß des Weltverbandes IAAF, im Zuge der Gleichberechtigung für Frauen den Zehnkampf einzuführen. «Ich habe grundsätzlich nichts dagegen, aber es macht die Disziplin nicht attraktiver», sagte Meier. Denn bevor Frauen im Zehnkampf auf Weltniveau ankommen, würde es viele Jahre dauern. «Auch die Frauen können Zehnkampf, die Frage ist, wer Diskuswerfen über 37 Meter sehen will», meinte der leitende Bundestrainer Claus Marek.
Zum Reformvorschlag gehört, Stabhochsprung und den Diskuswurf aus dem Zehnkampf herauszunehmen; der Siebenkampf soll um eine Laufdisziplin wie 100 Meter aufgestockt werden. Auf die zwei Disziplinen zu verzichten, hätte laut Meier zwei Vorteile: Für den Nachwuchs wäre Mehrkampf ohne den kostenintensiven Stabhochsprung attraktiver, denn Stäbe kosten rund 500 Euro. Und ohne langwierige Höhenjagd könnte man den Zeitplan straffen. Hinzu kommt, dass in gut ein Drittel der Welt Diskus und Stabhochsprung nicht stattfindet. Meier: «Die Zehnkampf-Könige sind deshalb Könige ohne Reich.»
Wo immer Paul Meier seine Ideen bisher vorgestellt hat, schlägt ihm nicht nur Wohlwollen entgegen – auch beim Mehrkampf-Meeting am vergangenen Wochenende in Ratingen nicht. «Ein Aha-Effekt ist von den Traditionalisten nicht zu erwarten», sagte der WM-Dritte von 1993.
«Ich persönlich kann mir eher einen Zehnkampf für Frauen vorstellen als einen Achtkampf für Männer», meinte Idriss Gonschinska, der Cheftrainer der deutschen Leichtathleten. Neue Wettkampf-Formate würden schon sehr lange diskutiert, aber so etwas müsse auch immer vom Weltverband umgesetzt werden. «Man hat auch schon mal darüber gesprochen, einen Mehrkampf zu schaffen, der an einem Tag beendet ist», berichtete er. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich kurzfristig an der momentanen Konstellation etwas ändert.»
Siebenkampf-Bundestrainer Wolfgang Kühne reagierte ablehnend auf Meiers Vorschlag. «Ich halte überhaupt nichts davon. Wenn es nach mir ginge, würden wir zum Fünfkampf an einem Tag zurückkehren», sagte er. Der Frauen-Fünfkampf gehörte von 1964 bis 1980 zum olympischen Programm, bevor zwei Disziplinen hinzukamen.
Auch die Athleten sind nicht einhellig begeistert. «Das ist ein Thema, dass sich nicht demokratisch entscheiden lässt», sagte Meier. «Wer ein guter Stabhochspringer ist, will den Zehnkampf behalten.» Angesichts der begonnenen Erneuerung des Sommerspiele-Programms hält er die Realisierung seiner Ideen jedoch für nicht aussichtslos. «Vielleicht ist die Zeit gerade jetzt günstig dafür», hofft Meier.
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(dpa)