Berlin – Die erste Ermahnung sprach die erste Schiedsrichterin in der Geschichte der Fußball-Bundesliga nach sechs Minuten aus.
Der Bremer Florian Kainz musste sich nach einem Foul an Herthas Mathew Leckie ein paar ernste Worte von Bibiana Steinhaus anhören. Nach 19 Minuten beschwerten sich die Gäste über eine abgepfiffene Vorteil-Situation im Mittelfeld, allerdings sehr zaghaft. Und nach einer guten halben Stunde zog die Hannoveranerin die Gelbe Karte nach einem Einsteigen von Herthas Per Skjelbred gegen Kainz. Spätestens da war Bibiana Steinhaus drin in der Erstliga-Normalität.
«Ich habe schon vorher gesagt, dass es keine Rolle spielt, ob ein Mann oder eine Frau pfeift. Am Ende ist die Leistung entscheidend, und die war okay», sagte Bremens Trainer Alexander Nouri nach dem 1:1 (1:0) zwischen Hertha BSC und Werder im Berliner Olympiastadion. «Sie hat es gut gemacht, aber das ist auch keine große Überraschung», lobte Hertha-Verteidiger Sebastian Langkamp.
«Großer Respekt», sagte Berlins Stürmer Vedad Ibisevic. «Ich hätte nichts dagegen, wenn es in der Liga mehr Frauen als Schiedsrichter gäbe.» Skjelbred attestierte eine «super» Leistung und betonte mit Bezug auf seine Gelbe Karte: «Da muss auch Per Skjelbred den Mund halten, wenn eine Frau vor ihm steht.»
Bei der Platzwahl mit den Kapitänen hatte die neue Erstliga-Schiedsrichterin freundlich gelächelt und vor dem Anpfiff nochmal gewissenhaft die Spieler auf beiden Seiten durchgezählt. «Sie hat es verdient, sie hat fehlerfrei gepfiffen», hatte Berlins Trainer Pal Dardai vor der Partie zur Beförderung der 38 Jahre alten Polizeihauptkommissarin gesagt.
Bei einer der wenigen brenzligen Entscheidungen lag Steinhaus genau richtig, als sie vor dem Führungstor von Leckie (38.) auf Vorteil entschied. In der zweiten Halbzeit forderten die Berliner nach Aktionen gegen Valentin Stocker (74.) und Ibisevic (76.) Elfmeter, doch auch hier lag Steinhaus beide Male mit ihrer Entscheidung auf Weiterspielen richtig.
Nach zehn Jahren in der 2. Liga, diversen internationalen Finalspielen im Frauenfußball und Einsätzen als vierter Referee an der Seitenlinie wollte Steinhaus ihre Premiere im Fußball-Oberhaus nicht zusätzlich überhöhen, obwohl sie natürlich bei den 49 118 Zuschauern im Berliner Olympiastadion unter besonderer Beobachtung stand. Steinhaus, deren Lebensgefährte der frühere englische Spitzen-Schiedsrichter Howard Webb ist, war im Mai in den Kreis der 24 Bundesliga-Referees befördert worden.
«Einerseits ist es nur ein weiteres Spiel, das ich gut leiten möchte. Andererseits ist es nunmehr die Bundesliga und die Tatsache, dass ich die erste Schiedsrichterin bin, macht es vor allem für die Öffentlichkeit doch zu einer nicht normalen Partie», hatte Steinhaus vor der Partie der «Bild»-Zeitung gesagt und ergänzt: «Ob das nun historisch ist, sollen andere beurteilen.»
Steinhaus ist auch nicht die erste Frau, die in Europa ein Erstliga-Spiel pfeift. Nicole Petignat war zwischen 1999 und 2008 Unparteiische in der ersten Schweizer Liga und kam sogar im UEFA-Cup zum Einsatz. «Sie hat hervorragende Leistungen gebracht und hätte schon viel früher aufsteigen müssen», sagte Petignat in einem Interview der «Fußball-Bild» über ihre Kollegin. «Aber Deutschlands Schiri-Bosse waren gegen Frauen, waren gegen sie. Die Chefs haben Vorbehalte, sind vielleicht sogar eifersüchtig.»
Am Ende aber hat Steinhaus nicht nur im Vorfeld die Funktionäre überzeugt. «Egal, ob Mann oder Frau, wichtig ist, dass der Schiedsrichter eine starke Persönlichkeit ist. Und das hat sie auf jeden Fall gezeigt», sagte Werder-Profi Thomas Delaney, der in der 59. Minute das Tor zum Endstand erzielte.
Fotocredits: Soeren Stache
(dpa)