Mainz – Statt Kritik gab es mal Lob für den Videobeweis. «Für die Glaubwürdigkeit ist es auf jeden Fall besser, wenn der Schiedsrichter zum Bildschirm läuft und es sich selbst anguckt, als das er 30 Sekunden mit dem Finger am Ohr auf dem Platz rumsteht», sagte Stefan Bell.
Der Kapitän des FSV Mainz 05 lobte Referee Tobian Stieler nach dem 1:0 (0:0) im Bundesligaspiel gegen Hertha BSC. Der Unparteiische hatte ein elfmeterwürdiges Foul im Strafraum erst nach Ansicht der Videobilder erkannt und auf Strafstoß entschieden, den Pablo De Blasis (54. Minute) zum Siegtor für die Rheinhessen nutzte.
«Der Schiedsrichter hat die Möglichkeit, es sich selber anzuschauen», sagte der Mainzer Sportvorstand Rouven Schröder. «Es ist gut, dass er rausgegangen ist und sich selbst vergewisserte. Doppelt gemoppelt hält oftmals besser.» Hertha-Verteidiger Karim Rekik hatte im eigenen Strafraum Yoshinori Muto recht ungestüm attackiert, doch Stieler ließ erstmal weiterlaufen.
«Dem Video-Assistenten war es nicht so klar, wie er die Situation bewerten soll und hat mich gefragt, ob ich den Armeinsatz gesehen hätte», berichtete der Referee. «Nach Ansicht der Bilder habe ich meine Entscheidung revidiert.» Stieler warnte trotz der großen Zustimmung zu seinem Verhalten jedoch davor, nun bei jeder strittigen Szene selbst die Video-Überprüfung zu übernehmen: «Man sollte es nicht überstrapazieren.»
Bereits am 3. Spieltag hatte sein Kollege Benjamin Cortus bei einer zunächst nicht eindeutig erkennbaren Situation im Spiel SC Freiburg gegen Borussia Dortmund selbst die Video-Bilder angeschaut: Da sah er, dass der Freiburger Yoric Ravet den Knöchel von Marcel Schmelzer regelwidrig traktiert hatte – und verwandelte die Gelbe in eine Rote Karte.
Auch von Seiten der Herthaner gab es in Mainz gegen Stielers Verhalten keinen Einspruch. «Der Schiedsrichter hat gut gepfiffen. Es ist eine neue Regel. Wir müssen damit klarkommen. Ich akzeptiere das», sagte Trainer Pal Dardai. Das tat sein Kollege Sandro Schwarz («Den Elfmeter kann man geben») allemal, forderte aber zugleich ein «Standardprogramm» für den Umgang mit dem Videobeweis: «Es ist an der Zeit, Klarheit herzustellen, wann und wie eingegriffen wird.»
Neben dem Videobeweis brachte zudem die Rote Karte für Herthas Kapitän Vedad Ibisevic noch Leben in eine ziemlich fade Partie. Wegen angeblicher Schiedsrichterbeleidigung wurde der Bosnier kurz vor dem Abpfiff des Feldes verwiesen. Er sollte wegen einer blutenden Wunde zur Behandlung vom Platz, weigerte sich und soll Stieler beleidigt haben. «Er hat verstanden, „Du bist scheiße“, aber ich habe nur gesagt, „Das ist doch schlecht“. Jetzt hat er Recht und ich nicht», sagte Ibisevic.
Statt eines Videobeweises hofft er nun, dass es einen «Lippenleser» gibt, der ihn entlastet. Viel Hoffnung einer Strafe zu entgehen, hat Ibisevic jedoch nicht: «Ich bin das Opfer und die Schiedsrichter haben immer recht, sie sind bei DFB angestellt. Ich erzähle aber die Wahrheit.» Es ist nicht das erste Mal, dass Ibisevic und Stieler folgenreich aneinander geraten sind. Im Oktober 2010 schickte der Schiedsrichter den damaligen Hoffenheimer Profi im Spiel gegen Ingolstadt schon einmal frühzeitig in die Kabine – wegen Beleidigung.
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(dpa)