Frankfurt/Main – Manchester City? Der FC Liverpool? Oder vielleicht doch der FC Barcelona? Beim FC Bayern München denkt man längst wieder in solchen Kategorien. An diesem Montag werden in der Schweiz die Achtelfinal-Duelle der Champions League ausgelost.
Und mit Erfolgen wie der vorzeitigen Herbstmeisterschaft in der Fußball-Bundesliga ist bei den Bayern auch die Überzeugung zurückgekehrt: Selbst Gegner wie Pep Guardiolas Man City müssen wieder Angst vor uns haben und nicht wir vor ihnen.
Beim deutschen Meister läuft es gerade wie gemalt. Die Herbstmeisterschaft hat die Mannschaft von Jupp Heynckes bereits zwei Spieltage vor dem Ende der Hinrunde sicher. Am Samstag gewannen die Bayern glücklich mit 1:0 (1:0) bei Eintracht Frankfurt, während RB Leipzig kurz vor Schluss noch den 2:2-Ausgleich gegen Mainz 05 kassierte. Acht Punkte beträgt mittlerweile der Vorsprung auf alle jene, die man kaum noch ernsthaft «Verfolger» nennen kann.
Das Ganze fiel am Wochenende auch noch zusammen mit der Weihnachtsfeier am Samstagabend und den Fanclub-Besuchen der Spieler am Sonntagnachmittag. «Wenn man sich das hätte malen dürfen, dann hätten wir uns das genauso gewünscht, wie es heute ist», sagte der Vorstandschef Karl-Heinz-Rummenigge. «Weihnachtsfeier! Bayern München hat gewonnen! Wir sind Herbstmeister! Bravo!»
Jupp Heynckes hielt am Samstagabend keine Rede. Der Trainer war auch beim Fanclub «Rollwagerl ’93» schon vor einer Woche zur Besuch. Seine Botschaft musste er also direkt nach dem Spiel in Frankfurt in einer Pressekonferenz platzieren. Und das klang dann schon etwas nüchterner als alles, was Fans und Vorstand zur aktuellen Situation einfällt.
«Die Herbstmeisterschaft ist nicht von Bedeutung», sagte Heynckes knapp. «Deswegen schießen wir jetzt keine Raketen ab.» Natürlich sei das Tabellenbild «sehr erfreulich. Aber wir haben noch viele Spiele vor uns – hoffentlich auch weiter in Pokal und Champions League.»
Der 72-Jährige erlebte in Frankfurt sein 650. Bundesliga-Spiel als Trainer. Rechnet man seine Zeit als Spieler hinzu, hat er mittlerweile 43 Jahre Berufserfahrung im Profifußball.
Als er zu den Bayern zurückkam, hatten die noch fünf Punkte Rückstand auf Platz eins. Aber gerade Heynckes weiß auch genau, dass diese vorzeitige Herbstmeisterschaft nicht nur etwas mit der Münchener Renaissance zu tun hat, sondern auch mit der Dortmunder Selbstauflösung, dem Leipziger Kräfteverschleiß oder der Gladbacher Unbeständigkeit. Der Weg zurück an die Spitze ist den Bayern auch großzügig freigeräumt worden von der Konkurrenz.
Die großen Fragen lassen sich deshalb auch nach 12 Siegen in 13 Spielen unter Heynckes noch nicht seriös beantworten. Wie gut ist diese Mannschaft, wenn es im Frühjahr in der Champions League gegen Kaliber wie Paris, Madrid oder Barcelona um wirklich etwas geht? Und was machen die Bayern, wenn ihre Personalprobleme anhalten?
Neuer verletzt, Robben verletzt, Thiago verletzt, Lewandowski angeschlagen: «Wenn man solche Probleme hat, kann man nicht jedesmal ein so gutes Spiel machen wie gegen Paris Saint-Germain», sagte Heynckes am Samstag mahnend. Die Bayern köpften durch Arturo Vidal in Frankfurt ein frühes Tor (20. Minute) und stellten sich ansonsten wie ein schnödes Mittelklasseteam nur noch hinten rein.
Genau darin sah Thomas Müller aber auch einen weiteren Entwicklungsschritt. «Es hat uns sehr viel Spaß gemacht, auch mal unsere Fightermentalität rauszukehren», sagte der Ersatzkapitän. «Wir haben uns gepusht und in jeden Zweikampf geworfen.» Vielleicht hilft den Bayern diese Erfahrung noch einmal weiter.
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(dpa)