Wintersport

Biathlet Rösch dank Crowdfunding für Belgien zu Olympia

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Leipzig – Die Namen seiner 303 Unterstützer kennt Biathlet Michael Rösch nicht alle. Dankbar ist der Wahl-Belgier aber jedem einzelnen. Denn auch durch sie kann er sich seinen Traum von den Olympischen Spielen in Pyeongchang im Februar erfüllen.

Mehr als 24.000 Euro kamen bei einer Crowdfunding-Aktion zusammen. Fremde geben Fremden Geld für eine Idee oder ein Projekt. Bei Rösch war es der unbändige Drang, zum zweiten Mal den olympischen Spirit zu fühlen. Zwölf lange Jahre nach seinem Staffel-Goldtriumph von Turin.

«Wenn ich im Flieger sitze und lande, mache ich das erste Kreuz und wenn ich starte, das zweite. Die Art und Weise wie ich die anderen Spiele verpasst habe, wünscht man keinem Sportler. Ich bin stolz und freue mich, dass ich das geschafft habe», sagte der Altenberger der Deutschen Presse-Agentur. Seine gute Form hatte er mit einem fünften Platz bei der Team Challenge auf Schalke gemeinsam mit der Ukrainerin Julia Dschyma angedeutet, als er seinen einstigen Teamgefährten Erik Lesser im Schlussspurt auf Distanz hielt.

Biathlon ist ein kostenintensiver Sport, wenn man keinen großen Verband hinter sich hat. Das ist bei dem Wahl-Belgier der Fall. Rösch wurde kreativ. Für eine Saison fallen rund 60.000 Euro an. Mit seinem Video auf der Crowdfunding-Plattform «I believe in you» sprach der 34-Jährige so viele Menschen an, dass durch ihre Spenden sein gestecktes Ziel von 20.000 Euro übertroffen wurde. Als Dank kommen die Fotos der Spender auf seinen Gewehrschaft. Große Sponsoren findet er nicht mehr. Nur einige kleine halten ihm die Treue.

Sein Leben ist filmreif: Dem steilen Aufstieg folgte der tiefe Fall. Mit nur 22 Jahren wurde er mit Deutschland Staffel-Olympiasieger, wurde als der neue Shootingstar in Deutschland gehypt. Und von den Fans wegen seiner frechen, unangepassten Art geliebt. Doch private Probleme, ein bisschen Selbstüberschätzung, zu wenig Kritikfähigkeit – und plötzlich war Rösch nicht mehr der Liebling, wurde aussortiert.

Aufgeben? Für ihn nie eine Option. Er verkaufte sein Haus, zog wieder bei den ihn immer unterstützenden Eltern ein. Vater Eberhard Rösch war selbst Biathlon-Weltmeister. Rösch jr. gab seinen Beamtenstatus auf Lebenszeit bei der Bundespolizei auf. Die Einbürgerung nach Belgien verzögerte sich, er musste zweieinhalb Jahre auf den neuen Pass warten: Rösch verpasste Olympia 2014. «Ich habe so viel aufgegeben, wirklich alles, alles, was ich habe.»

Dann kamen gesundheitliche Probleme. Doch Rösch ist ein Kämpfer. Hat sich das alles gelohnt? «Ja, das war es wert», sagt Michael Rösch. Einem anderen würde er seinen Weg, alles auf’s Spiel zu setzen, aber nicht raten. «Das ist ein Tanz auf der Rasierklinge. Ich habe das damals nicht bewusst wahrgenommen, sondern einfach gemacht und erst im Nachhinein an die Konsequenzen gedacht und sie zu spüren bekommen.» Auf dem Weg nach Südkorea wollte ihn jetzt ein Filmemacher begleiten. Aber Rösch lehnte ab. «Die Idee finde ich geil. Aber es würde mich belasten. Ich will mich auf mein Zeug konzentrieren.»

Die schweren letzten Jahre haben ihn demütig werden lassen. Seine wichtigste und zugleich schmerzhafteste Erfahrung war, «damals so auf die Fresse zu fliegen, dass ich gar nichts mehr hatte. Ich nehme jetzt alles bewusster war und schätze es mehr.»

Der emotionale Höhepunkt seiner sportlichen Reise war im Dezember 2016, als er in Pokljuka Weltcup-Sechster wurde und danach vor den Fernseh-Kameras weinte. In dieser Saison schaffte er mit Platz zwei beim IBU-Cup in Obertilliach erstmals als Belgier den Sprung auf’s Podest in einem der zwei wichtigsten Biathlon-Wettbewerbe. Zuvor hatte er beim Weltcup in Hochfilzen die Premieren-Staffel der Belgier als Startläufer als Erster zum Wechsel geführt.

Im neuen Jahr sind vor allem Anfang Januar die Heim-Weltcups in Oberhof und in Ruhpolding die nächsten Höhepunkte. «Der Frittenfresser ist heiß wie Frittenfett. So extrem war ich schon lange nicht mehr motiviert für die deutschen Weltcups», sagte Rösch, der sich vor allem auf die Staffelrennen freut. In den Einzelrennen soll es Richtung Top 15 gehen.

Dabei wird er auch immer an seinen Mentor Klaus Siebert denken. Er starb am 24. April 2016 an den Folgen seiner langen Krebserkrankung. In Gedenken an ihn spendete Rösch 1000 Euro an die Deutsche Krebshilfe. «Klaus ist immer in meinem Kopf», sagt Michael Rösch. Auch der Tod seines Trainers hat ihn sensibilisiert. «Dass wir in Strumpfhosen im Kreis rennen, belustigt ein paar Leute. Aber wenn jemand Krebs hat, ist das eine ganz andere Geschichte.»

Wie lange er noch weitermacht, steht noch nicht fest. Die Belgier wollen ihn gerne bis 2022 halten. «Ob ich das durchziehen kann, steht in den Sternen. Ich glaube, es juckt noch für ein, zwei Jahre. Und dann sehen wir weiter.» Bei Rösch jr. ist aber alles möglich.

Fotocredits: Martin Schutt
(dpa)

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