Mainz – Der FSV Mainz 05 kämpft um seine Zukunft. Die heile Welt des vermeintlichen Vorzeige- und Familienclubs hat in der Führungskrise der vergangenen Monate schwer zu kittende Risse bekommen.
Nach dem Rücktritt des Unternehmers und sportlichen Quereinsteigers Johannes Kaluza steht an diesem Sonntag ab 11.00 Uhr bereits zum zweiten Mal in weniger als sechs Monaten die Wahl eines Vereinsvorsitzenden an. Weitere Unruhe und Unstimmigkeiten kann sich der abstiegsbedrohte Fußball-Bundesligist nicht mehr leisten.
In Eva-Maria Federhenn stellt sich erstmals eine Frau dem Votum der Mitglieder für das höchste Amt des Clubs. Vorgeschlagen wurde die langjährige Leiterin der Handball-Abteilung vom Mainzer Aufsichtsrat und seinem sehr stark ins operative Geschäft hineinwirkenden Vorsitzenden Detlev Höhne. Als nach wie vor aussichtsreichster Kandidat gilt jedoch der frühere Medienmanager Jürgen Doetz. Der 73-Jährige gehörte mehr als zwei Jahrzehnte als Vizepräsident zur Führungscrew des Langzeit-Präsidenten Harald Strutz.
«Möchte man eine Lösung für die Zukunft oder möchte man sich in drei Jahren wieder umorientieren?», meinte Federhenn in einem «Bild»-Interview und zielte damit auf Doetz. Denn der kommt aus Altersgründen für maximal eine Amtszeit infrage.
Tatsächlich genießt der 73-Jährige im Verein keine uneingeschränkte Sympathie. Viele befürchten unter ihm einen Rückfall in die alte und intransparente Strutz-Zeit, die 2017 auch deshalb zu Ende ging, weil der sich sein Ehrenamt gestützt von den anderen Präsidiumsmitgliedern jahrelang mit mehr als 20 000 Euro pro Monat vergüten ließ.
Doetz verlor bei der Wahl im Juni 2017 völlig überraschend gegen Kaluza, versucht die große Unruhe der vergangenen Monate jetzt aber für sich zu nutzen. «Ich denke, dass ich für den Verein in der jetzigen Situation die beste Lösung bin», sagte Doetz der «Bild».
Aber auch Federhenn sagt ganz klar: «Ich traue mir die Aufgabe zu. Der Verein braucht Ruhe und Kontinuität im Vereinsleben, auf und neben dem Rasen Leidenschaft und 100 Prozent Einsatz», betonte die Juristin. Ihre fehlende Erfahrung im Fußballgeschäft sieht sie nicht als Nachteil. «Darauf kommt es bei diesem Posten nicht an. Der Bereich ist durch Rouven Schröder ausgezeichnet besetzt.»
Neben Federhenn und Doetz steht auch der langjährige Trainer und sportliche Leiter des 05-Nachwuchsleistungszentrums, Stefan Hofmann, zur Wahl. Der 54-jährige Referatsleiter im Bildungsministerium von Rheinland-Pfalz betont seine Kompetenz im Kerngeschäft Fußball und verweist auf sein wirtschaftliches Verständnis durch die Tätigkeit im NLZ. Dem weiteren vorgeschlagenen Kandidaten, Silvio Atai, werden am Sonntag nicht einmal Außenseiterchancen eingeräumt.
Wer auch immer dann gewählt wird, rückt an die Spitze eines dreiköpfigen Vorstands, dem neben Sportchef Rouven Schröder ab dem 1. Februar auch der neue kaufmännische Leiter Jan Lehmann angehören wird. «Von Sonntag an soll Ruhe herrschen bei Mainz 05 und der Fokus allein aufs sportliche Überleben in der Bundesliga gerichtet sein», schrieb die «Frankfurter Allgemeine Zeitung».
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(dpa)