Dortmund – Pierre-Emerick Aubameyang pflegte seinen Ruf als Provokateur. Doch diesmal warteten nicht sein Trainer und seine Mitspieler, sondern Richter, Anwälte und zahlreiche Kamera-Teams vergeblich auf den Dortmunder Fußball-Profi, der unmittelbar vor einem Wechsel zum FC Arsenal stand.
Der beim Prozess um den Bombenanschlag auf das BVB-Team als Zeuge vorgeladene Torjäger ließ sich entschuldigen. «Er wird heute nicht aussagen, weil er erkrankt ist», erklärte Anwalt Alfons Becker zu Beginn des fünften Verhandlungstages vor dem Dortmunder Schwurgericht.
Sein Fernbleiben als Zeuge könnte Aubameyang Ärger mit der Justiz einbringen. In seiner ersten Reaktion bezeichnete Oberstaatsanwalt Carsten Dombert die von Becker vorgelegte ärztliche Bescheinigung als «äußerst dürftig» und erklärte: «Ich finde, das sollte sich die Justiz so nicht bieten lassen.» Der Vorsitzende Richter Peter Windgätter wirkte ähnlich verstimmt: «Das sehe ich genauso.» Ein eventuelles Ordnungsgeld ist laut Strafprozessordnung auf maximal 1000 Euro begrenzt, wie ein Gerichtssprecher sagte.
Anders als sein ebenfalls als Zeuge vorgeladener und beim Anschlag im April 2017 verletzter Teamkollege Marc Bartra sagte Aubameyang am Montag vor Gericht nicht aus. Mit dem Thema Borussia Dortmund scheint der zuletzt wegen seiner Unzuverlässigkeit in Verruf geratene 28-Jährige ohnehin abgeschlossen zu haben. Schließlich ist sein Wechsel nach London fast besiegelt: Offenbar haben Arsenal und Dortmund nach tagelangen Verhandlungen eine Einigung über die Ablöse erzielt.
Wie der britische Sender BBC und Sky Sports News berichteten, soll der BVB umgerechnet rund 68 Millionen Euro für den Torjäger kassieren. Deutsche Medien gehen dagegen von einem Erlös zwischen 63 und 65 Millionen Euro aus. Der BVB wollte den Stand der Verhandlungen am Montag nicht kommentieren. In jedem Fall wäre Aubameyang damit der teuerste Transfer der Arsenal-Geschichte. Er soll auf der Insel zehn Millionen Euro netto pro Jahr plus Prämien kassieren.
Dass im Gegenzug Arsenal-Stürmer Olivier Giroud auf Leihbasis zum BVB wechselt, erscheint indes unwahrscheinlich. Dem Vernehmen nach hat sich der Franzose aus privaten Gründen für einen Verbleib in London entschieden und wird mit dem FC Chelsea in Verbindung gebracht.
Dass der beim chinesischen Club Tianjin Quanjian unzufriedene ehemalige Kölner Anthony Modeste beim BVB die Nachfolge von Aubameyang antritt, bezeichnete dessen Berater als unwahrscheinlich. «Bislang gab es keinen direkten Kontakt zum BVB. Das Transferfenster ist nur noch kurze Zeit offen. Ich denke, die Zeit wird nicht reichen, um einen Wechsel zu realisieren», sagte Patrick Touti Mendy der Funke Mediengruppe. Als weiterer Kandidat gilt der 24 Jahre alte Belgier Michy Batshuayi vom FC Chelsea.
Mit dem Verkauf von Aubameyang ist in Dortmund die Hoffnung auf mehr Harmonie innerhalb des Kaders verbunden. Nur ein halbes Jahr nach dem erstreikten Wechsel von Ousmane Dembélé zum FC Barcelona provozierte ein weiterer BVB-Profi seinen Abgang. Nach einigen Verfehlungen, die Aubameyang in den vergangenen 15 Monaten diverse Suspendierungen und Geldstrafen eingebracht hatten, war die Geduld der Vereinsführung und seiner Mitspieler aufgebraucht.
Gleichwohl wäre Aubameyang für den Bundesliga-Sechsten aus sportlicher Sicht ein herber Verlust. Schließlich erzielte er seit 2013 in seinen 213 Pflichtspielen für den BVB beachtliche 141 Tore.
Der anstehende Transfer des Nachwuchsspielers Sergio Gomez hat mit der Trennung von Aubameyang nur wenig zu tun. Wie spanische und deutsche Medien am Montag übereinstimmend meldeten, soll der 17 Jahre alte offensive Mittelfeldspieler vom FC Barcelona zum Revierclub wechseln. Gomez gilt als eines der größten Talente in Europa und machte zuletzt in spanischen U-Nationalmannschaften auf sich aufmerksam. Bei der U-17-WM im vergangenen Jahr schoss er vier Tore und wurde zum zweitbesten Spieler des Turniers gewählt. Dem Vernehmen nach beträgt die Ablöse rund drei Millionen Euro.
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(dpa)