Paris – Verbissen auf dem Platz, aber inzwischen entspannter außerhalb: Diese Einstellung soll der momentan besten Tennisspielerin der Welt im vierten Versuch den ersten Grand-Slam-Titel bringen.
Die Rumänin Simona Halep will beim French-Open-Finale gegen die Amerikanerin Sloane Stephens auch die Dämonen vom vorigen Jahr verjagen. Damals führte sie im Endspiel 6:4, 3:0 und hatte gegen die Lettin Jelena Ostapenko sogar einen Spielball zum 4:0. Am Ende ging Halep als schwer geschlagene Verliererin vom Court Philippe Chatrier. 2014 verlor sie dort in ihrem ersten Grand-Slam-Finale knapp gegen Maria Scharapowa, im Januar bei den Australian Open ebenfalls erst nach drei hart umkämpften Sätzen gegen Caroline Wozniacki.
«Können wir das Thema wechseln? Lasst uns draußen weiterreden, das Wetter ist herrlich», scherzte Halep nach dem Halbfinal-Erfolg über Wimbledonsiegerin Garbine Muguruza aus Spanien. «Ich habe bisher dreimal verloren, und niemand ist gestorben», stellte die 26-Jährige aus Constanta lakonisch fest. «Ich denke, dass ich mehr Selbstvertrauen habe, weil ich sehr viel Erfahrung habe», ergänzte Halep. Sie habe auch gelernt, ihren jetzigen Status mehr zu genießen.
Die Weltranglisten-Erste, die diese im Oktober 2017 eroberte Position auch nach den French Open behalten wird, ist keine Lautsprecherin. Sie geht nach eigenen Worten jedes Match gleich an und will auch vor dem Endspiel gegen Stephens ruhig bleiben, gegen die sie fünf der bisherigen sieben Vergleiche gewinnen konnte. Auf dem Platz dagegen begleitet sie fast jeden Schlag mit einem weithin vernehmbaren Laut.
Natürlich, sagte Halep, sei das Interesse in der Heimat groß. Vor 40 Jahren gewann in Virginia Ruzici eine Rumänin die French Open, fünf Jahre zuvor triumphierte Ilie Nastase bei den Herren in Paris. Boris Beckers einstiger Manager Ion Tiriac sitzt im Stade Roland Garros in der ersten Reihe, wenn Halep spielt – ausnahmsweise auch auf dem Court Suzanne Lenglen, wo sie Angelique Kerber niederrang. Gegen Andrea Petkovic musste Halep als Nummer eins auf dem ausgebauten Außenplatz 18 antreten – kaum anzunehmen übrigens, dass sich die Turnierorganisatoren das mit Serena Williams getraut hätten.
«Ich fühle keinen Druck von meinem Land», versicherte Halep. «Ich spüre, dass sie es wirklich möchten, aber das nehme ich positiv. Ich möchte gern einen Grand Slam gewinnen, aber ich weiß nicht, ob das in diesem Jahr oder in diesem Leben passiert.» Auch andere Top-Spielerinnen wie Kim Clijsters und Caroline Wozniacki mussten lange warten, ehe sie den vermeintlichen Makel ablegen konnten, als Nummer eins kein Grand-Slam-Turnier gewonnen zu haben.
Sloane Stephens hat schon einen vorzuweisen nach ihrem unerwarteten US-Open-Triumph im Vorjahr. Einen Vorteil sieht die 25-Jährige darin nicht. «Sie hat eine Menge Turniere gewonnen. Sie ist nicht ohne Grund die Nummer eins», sagte Stephens. Im vergangenen Jahr um diese Zeit war sie verletzt. Was sie am Tag von Haleps Finalniederlage gegen Ostapenko gemacht hat, weiß Stephens nicht mehr. «In der ersten Woche war ich auf einer Hochzeit in Irland, das war sehr cool.» Der Sprung auf Platz vier der Weltrangliste ist garantiert, damit ist sie künftig die beste Amerikanerin – vor den Williams-Schwestern.
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(dpa)