Hamburg – Vorbei sind die Zeiten, als die weltbesten Handballer den deutschen Top-Vereinen die Bude einrannten. Die Bundesliga gilt zwar unverändert als stärkste Liga der Welt. Die reichste Liga der Welt ist sie aber nicht.
Deshalb fällt es den deutschen Vereinen zunehmend schwer, internationale Top-Spieler zu verpflichten. Sie ziehen Europas Goldgruben mit den millionenschweren Mäzenen bei Paris St. Germain, Vardar Skopje, KS Vive Kielce, Wisla Plock, MKB Veszprem oder FC Barcelona vor.
Transfer-Knaller gab kaum vor dieser Saison, die am Mittwoch (20.15 Uhr) mit dem Supercup zwischen dem Meister Rhein-Neckar Löwen und dem Pokalsieger SC Magdeburg beginnt. Bei den Löwen ragen die Rückkehr von Gudjon Valur Sigurdsson vom FC Barcelona und der Zugang von Torwart Andreas Palicka (Aalborg) heraus. Rekordmeister THW Kiel schmückte sich mit dem deutschen Nationaltorhüter Andreas Wolff (Wetzlar), Rückkehrer Christian Zeitz (Veszprem) und Raul Santos (Gummersbach). Die Füchse Berlin angelten sich Europameister Stefan Fäth (Wetzlar).
Die inaktivste Mannschaft auf dem Transfermarkt war die SG Flensburg-Handewitt. Der Zweite der vergangenen Saison holte Ivan Horvat aus Varazdin und gab Kresimir Kozina an die Füchse ab – das war’s. Wegen dieser Konstanz im Kader wird der SG die Favoritenrolle auf den Titel zugeschrieben.
Andere Teams erlebten schmerzhafte Abgänge. Zum Beispiel die Löwen müssen einen erheblichen Aderlass verkraften: Kapitän und Nationalspieler Uwe Gensheimer wechselt zu Paris St. Germain. Der 29-Jährige war im Vorjahr mit 197 Toren der viertbeste Bundesliga-Schütze und das Aushängeschild der Löwen. Auch der THW Kiel verlor Substanz: Der Spanier Joan Canellas ging nach Mazedonien zu Vardar Skopje, Publikumsliebling und Identifikationsfigur Dominik Klein nach Nantes in die französische Liga. Die Berliner Füchse müssen auf den Schweden Jesper Nielsen verzichten, der wie Gensheimer zu PSG wechselte.
Die Verheißung Ausland ist nachvollziehbar. Dort gibt es für die Top-Clubs kaum ernsthafte nationale Konkurrenz, zumeist spielen nur 14 statt wie in Deutschland 18 Mannschaften in der Liga. Der Kräfteverschleiß ist dadurch deutlich geringer. Außerdem sind Prämien und Gehalt höher. «In Barcelona kann ich zwei Jahre länger Handball spielen und mehr Geld verdienen», begründete Filip Jicha vor einem Jahr seinen Wechsel vom THW Kiel zum FC Barcelona.
Obwohl einige Stars die am Freitag beginnende Bundesliga verlassen, wird diese nicht langweiliger oder ärmer an Niveau werden. Das liegt vor allem an der Leistungsexplosion der deutschen Akteure. Der Gewinn von EM-Titel im und Olympia-Bronze sind Beleg für eine Konjunktur im deutschen Handball. «Die Bundesliga profitiert von der Nationalmannschaft», erklärt Frank Bohmann, Geschäftsführer des Liga-Verbandes HBL. «Spieler wie Paul Drux, Kai Häfner, Henrik Pekeler oder Fabian Wiede sind interessanter für die Fans als ausländische Stars.»
Interessant ist auch eine Konstellation beim THW Kiel. Lange bevor Torhüter Wolff bei der EM zum Top-Star und zum Werbeträger der Nationalmannschaft wurde, hatte der Rekordmeister den Wechsel des Schlussmanns von Wetzlar an die Förde eingetütet. Im Dänen Niklas Landin von Olympiasieger Dänemark verfügen die Kieler bereits über einen Torhüter der Extraklasse. Ob und wie beide Ausnahmekönner künftig mit der Arbeitsteilung ohne die gewohnte Hierarchie zurechtkommen, ist eine der spannenden Fragen der neuen Saison.
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(dpa)