New York – Ihr wieder einmal frühes Grand-Slam-Scheitern nahm Andrea Petkovic erstaunlich gelassen hin. «Ich zweifle nicht an mir. Ich vertraue mir zu tausend Prozent», sagte die oft emotional-aufbrausende Hessin nach ihrem Zweitrunden-Aus bei den US Open.
3:6, 2:6 verlor die 28 Jahre alte Tennisspielerin aus Darmstadt in New York gegen Belinda Bencic aus der Schweiz. Besser machte es wenig später Nachwuchshoffnung Carina Witthöft. Die 21-Jährige erreichte nach einem 6:1, 6:7 (1:7), 6:1-Sieg gegen Julia Putinzewa die dritte Runde. Die Kasachin hatte in der ersten Runde noch Sabine Lisicki in zwei Sätzen aus dem Turnier geworfen. Nach 2:44 Stunden nutzte Witthöft ihren fünften Matchball, nachdem sie bereits im zweiten Satz beim Stand von 5:3 drei vergeben hatte.
In der Pressekonferenz eine Stunde nach der Niederlage nahm Petkovic einen großen Schluck aus ihrer Plastikflasche mit 100 Prozent Kokosnusswasser und der Aufschrift «Zico» und sagte: «Ich bin völlig ruhig und glaube, dass ich die Leute noch überraschen kann.»
Das war ihr in diesem Jahr häufiger als geplant im negativen Sinne gelungen. Die frühere Top-Ten-Spielerin schaffte es seit ihrem Halbfinal-Einzug in Doha im Februar nur noch ein einziges Mal in die dritte Runde eines Turniers. Bei den vier Grand Slams steht in den Statistiken: Aus in Runde eins bei den Australian Open; Aus in Runde zwei bei den French Open, in Wimbledon und jetzt bei den US Open.
Auch die Olympischen Spiele in Rio erlebte Petkovic bereits nach der ersten Runde nur noch als Touristin. Und dennoch sind ihre Zweifel des vergangenen Jahres, als sie nach einer 0:6, 0:6-Niederlage im chinesischen Zhuhai über ein mögliches Karriereende sinniert hatte, verflogen. «Ich hatte nach der großen Krise einen gewaltigen Kater, von dem ich mich langsam erhole», sagte die Fed-Cup-Spielerin.
Erstmals im September 2011 und dann wieder im Mai 2015 zählte sie zur Elite der zehn besten Spielerinnen der Welt. Nun scheint die früher so ungeduldige und ehrgeizige Athletin zu Geduld und Gelassenheit förmlich gezwungen zu sein. «Man kann nicht erwarten, dass ich direkt wieder in die Top Ten durchstarte», sagte die Weltranglisten-43.
Auch die Partie gegen Bencic zeigte wieder einmal eindrucksvoll, dass Petkovic derzeit das Selbstvertrauen noch fehlt. Schnell geriet sie mit 0:3 in Rückstand. Sie kämpfte sich zwar auf 3:3 heran, musste aber nach 43 Minuten und 16 nicht erzwungenen Fehlern Durchgang eins abgeben. Als eine Rückhand zu lang geriet und im Aus landete, haute Petkovic frustriert mit der flachen Hand mehrmals auf die Saiten.
Im zweiten Satz verstrickte sie sich beim Stand von 0:1 in eine kurze Diskussion mit dem Stuhlschiedsrichter und schien nie so richtig in ihren Rhythmus zu finden. Den Schlägen fehlte zu oft die Präzision, um die zuletzt ebenfalls schwächelnde Bencic in Bedrängnis zu bringen. Die 19-Jährige stand im Februar auf Platz sieben der Branchenwertung, musste aber nach Wimbledon wegen einer Handgelenksverletzung pausieren und kämpft seitdem auch um Anschluss.
Als sie im zweiten Satz ihr Aufschlagspiel zum 2:4 mit einem leichten Ball ins Netz abgab, schrie Petkovic ihren ganzen Frust über den Platz. Die Initialzündung zur Wende aber blieb aus – mit gesenktem Kopf nahm Petkovic beim letzten Seitenwechsel auf ihrem Stuhl Platz. Zwei Matchbälle wehrte sie ab, dann landete eine Rückhand im Aus.
«Ich finde nicht, dass 3:6, 2:6 den Spielverlauf widerspiegelt. Es war enger, aber das interessiert am Ende natürlich keinen», sagte Petkovic. «Ich bin frustriert, dass es nicht so schnell wieder bergauf geht, aber nicht besorgt. Ich liebe das, was ich mache.»
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(dpa)