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Kerbers kleiner Härtetest – «Vielleicht nicht so schlecht»

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New York – Der erste kleine Nerventest war Angelique Kerber gar nicht unrecht. «Das war vielleicht nicht so schlecht, dass es am Ende so ausgegangen ist. Ich glaube, das wird mir helfen», sagte Deutschlands derzeit beste Tennisspielerin nach ihrem Zweitrunden-Sieg bei den US Open.

Denn im Kampf um den Einzug ins Achtelfinale wartet am Freitag eine undankbare und knifflige Aufgabe auf die Silbermedaillengewinnerin von Rio: Kerber bekommt es mit der Tennis-Teenagerin und Publikumsliebling Catherine Bellis zu tun.

«Jetzt gegen eine Amerikanerin zu spielen, ist eine Herausforderung, aber ich freue mich drauf. Einfacher wird es nicht», sagte Kerber vor dem ersten Duell überhaupt mit der 17 Jahre alten Bellis. Von der Qualität des Spiels her darf die Nummer 158 natürlich keine Gefahr für Kerber darstellen. Doch wie schnell auch die aktuell zweitbeste Spielerin der Welt kurzzeitig in Bedrängnis geraten kann, erlebte sie bei ihrem 6:2, 7:6 (9:7)-Sieg gegen die Kroatin Mirjana Lucic-Baroni.

In dem Match führte die Australian-Open-Siegerin und Wimbledonfinalistin 6:2, 4:1 und wirkte im Flushing Meadows Corona Park so unerschütterlich wie der Sockel der Freiheitsstatue auf Liberty Island nur wenige Kilometer entfernt. Als ihre 34 Jahre alte Kontrahentin stärker wurde, verfiel Kerber aber leicht in ihr früheres Passivitätsdilemma – und musste prompt drei Satzbälle abwehren.

Dass sie allerdings den Durchgang nicht verlor und nicht in einen dritten Satz musste, hat viel mit dem neuen Selbstverständnis und dem hart erarbeiteten Selbstvertrauen der 28 Jahre alten Kielerin zu tun.

«Es ist ja auch ein bisschen meine Spielweise, dass ich oft Matches habe, in denen es irgendwann eng wird», sagte Kerber am Mittwoch und schob selbstbewusst hinterher: «Das ist dieser kleine Unterschied, der mir vor allem dieses Jahr gezeigt hat, dass ich auch in zwei Sätzen enge Matches gewinne. Ich weiß, ich kann so etwas drehen.»

Nach der bestandenen Mentalitätsprüfung fehlt Kerber jetzt noch ein Sieg, um in die Partien mit der Endung -finale einzuziehen. Und natürlich weiß auch die in Polen lebende Linkshänderin, dass sich Runde für Runde ihre Chancen vergrößern, tatsächlich die lange Zeit übermächtige Serena Williams vom Nummer-eins-Thron zu verdrängen.

Das Match ihrer Konkurrentin hatte sie sich tags zuvor im Fernsehen angeschaut. Von der starken Verfassung der jüngst wegen Schulterproblemen schwächelnden und pausierenden 22-maligen Grand-Slam-Siegerin war sie jedoch alles andere als überrascht.

«Mich wundert das nicht. Sie wird alles geben, um natürlich gerade hier zu Hause ihren nächsten Grand Slam zu gewinnen», sagte Kerber. Williams muss zudem mindestens das Halbfinale erreichen, um nicht die Führung in der Weltrangliste zu verlieren. «Ich bin sicher und weiß, dass sie hier von Runde zu Runde stärker werden wird», sagte Kerber.

Die von ihr so heiß geliebte Nummer-eins-Frage blieb Kerber diesmal wenigstens erspart. Seit Wochen muss sie sich eigentlich bei jeder Gelegenheit zu der Aussicht äußern, Williams ablösen zu können. Noch scheint es, weder die eine noch die andere zu lähmen oder zu belasten.

Sollte es tatsächlich wie schon bei den Australian Open und in Wimbledon zu einem Endspiel zwischen Kerber und Williams kommen, wäre die Siegerin definitiv die neue oder alte Nummer eins. Aber wie sagte Kerber so schön? «Das waren jetzt erst mal die ersten Runden. Man muss zwei Wochen gut spielen, um ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen.»

Fotocredits: Andrew Gombert
(dpa)

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