Berlin – Neven Subotic erwartet im ersten Bundesliga-Spiel in der Geschichte des 1. FC Union Berlin eine Gänsehaut-Atmosphäre – trotzdem versteht er den angekündigten Stimmungsboykott der Fans.
«Ich stelle mich hinter sie. Denn auch ich finde diese Kapital-Entwicklung im Fußball nicht positiv», sagte der prominente Neuzugang zur geplanten Aktion der Ultras. Die Fans des «Wuhlesyndikats» streben für Sonntag ein viertelstündiges Schweigen als Protest gegen das «Konstrukt RB Leipzig» an, das «die Werte des Fußballs mit Füßen» trete.
Subotic möchte nach 610 Tagen sein Comeback in Deutschlands Elite-Liga feiern – am liebsten bei «Champions-League-Atmosphäre». Deshalb könne er für das Spiel gegen Leipzig schon jetzt gar nicht erwarten, «dass die 15. Minute anbricht». Dann wird die Stimmung in der Alten Försterei explodieren. «Ich arbeite fest daran, mich wieder mit den besten Vereinen messen zu dürfen», sagte der prominente Neuzugang, der mit Borussia Dortmund zweimal Meister wurde und in der Fußball-Königklasse kickte, der Deutschen Presse-Agentur.
Hinter dem langhaarigen Serben liegen schwierige Monate, nachdem er für die AS St. Etienne zuletzt am 6. April aufgelaufen war und ihn danach eine Knieverletzung zu einer langen Pause zwang. Seinen letzten Auftritt in der Bundesliga hatte der 1,93 Meter große Innenverteidiger am 16. Dezember 2017 als Einwechselspieler im Trikot des BVB gegen Hoffenheim – er dauerte nur eine Minute.
Nach seinen ersten kompletten 90 Minuten im Team der Berliner im Test bei Regionalligist Lichtenberg 47 (4:1) war Subotic zufrieden mit seiner Leistung: «Das war der letzte Schritt. Ich bin das Spiel angegangen wie ein Pflichtspiel und hätte auch noch ein paar Minuten Nachspielzeit durchgehalten», sagte er scherzend. Die Frage, ob seine Chancen auf einen Einsatz am Sonntag (18.00 Uhr) gestiegen seien, wollte er nicht beantworten: «Jeder weiß, es gibt keine Stammplatz-Garantie. Gut, dass hier das Leistungsprinzip herrscht.»
Marvin Friedrich gilt als gesetzt. Der andere Neuzugang Keven Schlotterbeck empfahl sich beim 6:0-Pokalsieg in Halberstadt mit seinem ersten Tor im Profi-Fußball. Trainer Urs Fischer ließ sich noch nicht in die Karten gucken. «Diese 90 Minuten waren wichtig nicht für mich, sondern für ihn», sagte der Schweizer nach dem letzten Test mit einem Schmunzeln über Subotic.
Gemischte Gefühle treiben den 30 Jahre alten Subotic um, wenn er an den Stimmungsboykott denkt: «Es gibt viel zu wenig solcher Proteste. Unsere Fans beziehen eine klare Position.» Dennoch sieht der 36-fache serbische Ex-Nationalspieler auch die andere Seite: «Als Spieler wünscht man sich immer Vollgas auf den Rängen.» Torwart Rafal Gikiewicz hatte sich deutlich gegen die Aktion ausgesprochen: «Euer geplanter Boykott ist nicht gut für uns Spieler.»
Subotic erinnert sich mit unguten Gefühlen an Spiele ohne Stimmung im Stadion. «Mit der Nationalmannschaft haben wir gegen Nordirland vor einem leeren Stadion gespielt», sagte er zu der von der UEFA verhängten Geisterkulisse 2011 aufgrund von Hooligan-Ausschreitungen im Spiel gegen Italien. Und auch das Schweigen der Dortmunder Fans im März 2016 wegen eines Todesfalls in der Südkurve hat er nicht vergessen. «Damals wussten wir Spieler gar nicht, warum die Fans schweigen. Das wird am Sonntag anders sein», machte Subotic deutlich.
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(dpa)