Berlin – Trotz seiner Zeit im Gefängnis verspürt der frühere Diskuswurf-Weltrekordler Wolfgang Schmidt keinen Hass auf die DDR.
«Nein gar nicht. Eher weiß ich, was ich der DDR zu verdanken habe», sagte der 65 Jahre alte Berliner in seinem ersten Interview seit vielen Jahren der Deutschen Presse-Agentur. Schmidt war 1982/83 wegen versuchter Republikflucht, verbotener Westkontakte und Abweichlertum für 15 Monate in Haft.
«Der 2. November 1987 war der glücklichste Tag in meinem Leben – der Tag, an dem ich ausgereist bin und frei war», erklärte Schmidt. Den Mauerfall vor 30 Jahren erlebte er in seiner neuen Wahlheimat Stuttgart mit. Von dort aus startete er seine zweite Karriere im Westen – und wurde immer wieder zum Politikum. So beim einzigen deutsch-deutschen Länderkampf der Leichtathleten 1988 in Düsseldorf, als Olympiasieger Jürgen Schult seinem Rivalen Schmidt den Handschlag verweigert. Die beiden Weltklasse-Athleten trugen ihre persönliche Fehde über Jahre hinweg öffentlich aus.
Als «Kommunistenschwein» soll Schmidt seinen Erzfeind mal betitelt haben. «Habe ich doch nie gesagt! Das stimmt doch gar nicht! Alles Lügen. Das ist Diffamierung – übelste Sorte. Mit dem alten Scheiß will ich doch gar nichts mehr zu tun haben!», sagte Schmidt nun.
Der Berliner hatte 1993 seine Karriere beendet und lebte danach einige Zeit in den USA. «Ich wohne in Berlin und führe ein relativ bescheidenes und privates Leben», sagte er über seine heutige Situation, nachdem er seit über 25 Jahren komplett aus der Leichtathletik-Szene verschwunden ist.
«Ich habe 15 Monate im Gefängnis gesessen. Die ganze Sportkarriere wurde mir damit kaputt gemacht. Als ich einen Rechtsanwalt zwecks Ausreiseantrag sprechen wollte – da hat der Typ von der Stasi mich ausgelacht und sagte wörtlich: Dann wird es dir eines Tages auch so gehen wie Lutz Eigendorf», sagte Schmidt.
Der Ostberliner Fußballer vom BFC Dynamo war 1979 geflüchtet, spielte als Profi im Westen und verunglückte 1983 in seinem Auto tödlich. Die Umstände sind bis heute nicht geklärt, es besteht der Verdacht, dass das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) involviert war.
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(dpa)