Leipzig – Erst gab es für Vizemeister Borussia Dortmund die böse Überraschung auf dem Platz. Dann kam noch ein verbaler Nackenschlag von RB-Trainer Hasenhüttl hinterher. Der BVB habe gegen eine Zweitliga-Mannschaft verloren. BVB-Trainer Thomas Tuchel nahm seine Verlierer in Schutz.
Die erste Dortmunder Saisonniederlage war ein Spiegelbild der Leistung von Mario Götze. Der Weltmeister hatte bei seinem BVB-Comeback nach 1239 Tagen in 71 Minuten Einsatzzeit 8,72 Kilometer Laufleistung abgespult, 37 Ballkontakte und 63 Prozent gewonnene Zweikämpfe verbucht, war oft anspielbereit. Doch spielerische Akzente konnte er beim 0:1 (0:0) beim Bundesliga-Neuling RB Leipzig kaum setzen. Tuchel nahm seinen Rückkehrer aber in Schutz: «Ich finde, dass Mario in der ersten Halbzeit ein sehr gutes Spiel gemacht hat. In der zweiten wurde es zunehmend schwerer für ihn, auch körperlich bedingt.»
Vor dem Champions-League-Spiel am Mittwoch bei Legia Warschau hat Tuchel auch keine grundsätzlichen Zweifel ans seinem Team, will «die Wettbewerbsfähigkeit nicht infrage stellen». Er setzt auf positive Motivation: «Es überwiegt die Vorfreude, es ist die Belohnung für die herausragende letzte Saison. Das muss das dominierende Gefühl sein. Es gibt keinen Grund zur Sorge, die Fehler, die Nuancen, die wir angesprochen haben, sind nicht so elementar, dass man alles infrage stellen muss.»
Nationalspieler André Schürrle haderte: «Hier hat die glücklichere Mannschaft gewonnen, nicht die bessere». Tuchel aber begründete die Fehler mit «Ungeduld und Unkonzentriertheiten». Als zweiten Kritikpunkt erkannte er die «fehlende Präzision im Abschluss». Acht Versuche, aber nur einen Torschuss verbuchte der Fußballlehrer.
Der seit Monaten stark beäugte Götze, der sein bislang letztes BVB-Spiel am 20. April 2013 beim 2:0 gegen Mainz bestritten hatte, begann agil, holte in den ersten zehn Minuten zwei Freistöße in bester Position heraus. Dann tauchte er unter, in der 71. Minute wurde er ausgewechselt. «Man hat heute gesehen, dass ich endlich wieder spielen wollte. So viele Leute sagen etwas zu meiner Person, mittlerweile ist mir das egal. Ich versuche das auszublenden.» Zur Niederlage meinte er: «Heute gibt es nichts zu lachen, wir wollten drei Punkte holen.».
Im ZDF-Sportstudio ergriff Tuchel erneut Partei für seinen 25-Millionen-Neuzugang: «Ich habe ihn ja noch nicht trainiert, daher kenne ich nicht sein Toplevel. Ich habe ihn sehr wertschätzen gelernt. Er hat Sehnsucht nach Ruhe, er ist ständig unter einem Brennglas, unter einer Lupe, jede Szene wird seziert.»
Tuchel verspürt trotz des Rückschlags eine große Bereitschaft im Team, Lust auf Arbeit und eine große Harmonie zwischen den Spielern. Nachdem er viele nicht erzwungene Fehler als Hauptgrund für die Niederlage ausmachte, bekam er auf der Pressekonferenz einen Seitenhieb von RB-Trainer Ralph Hasenhüttl. «Ich glaube, dass wir schon dazu beigetragen haben, dass diese Fehler passiert sind. Man darf nicht vergessen, wir haben heute mit einer Mannschaft begonnen, da war nur ein Neuzugang drin, der Rest war eine Zweitliga-Mannschaft.»
Den Punch setzten die spät eingewechselten Emil Forsberg sowie die Neuzugänge Oliver Burke und Torschütze Naby Keita (89.). Das musste auch Tuchel anerkennen: «Ich wollte in keinster Weise die Leistung von Euch klein reden. RB hat es top gemacht, sehr organisiert verteidigt, aufopferungsvoll und intensiv ein absolutes Topspiel gemacht. Das ist mir wichtig, dafür meine größte Anerkennung.»
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(dpa)