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Zverev: Man kann aus dieser Zeit auch Positives mitnehmen

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Tampa – Langeweile hat Alexander Zverev im Moment nicht. Auch wenn der Tennis-Betrieb weltweit wegen der Corona-Krise ruht, muss der 23-Jährige auf Tennis nicht verzichten. Unter der Sonne Floridas arbeitet Deutschlands Nummer eins täglich für den Moment, an dem es wieder los geht.

Im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur spricht Zverev über seinen derzeitigen Alltag, was die Welt aus dieser Zeit lernen kann und wen er gerade ganz besonders vermisst.

Das Wichtigste vorweg: Wie geht es Ihnen und Ihrer Familie?

Alexander Zverev: Uns geht es zum Glück allen gut. Wir leben hier in Florida ein relativ normales Leben. Wir haben gute Bedingungen zum Training.

Wie sieht ihr Alltag denn aktuell aus?

Zverev: Wir sind hier in einem kleinen Dorf in der Nähe von Tampa, hier leben nur rund 20.000 Menschen. Wir trainieren in der Saddlebrook Academies, auf dem Tennisplatz und im Gym. Ansonsten sind wir praktisch nur daheim. Wir sehen niemanden, ich war in der ganzen Zeit hier noch nicht einmal im Supermarkt.

Die USA werden von der Coronavirus-Pandemie besonders hart getroffen. Bekommen sie davon im Alltag irgendetwas mit?

Zverev: Natürlich macht man sich auch Sorgen, weil du nicht weißt, wie es weitergeht. Der Vater von der besten Freundin meiner Mutter ist an Corona gestorben, da macht man sich natürlich schon Gedanken.

Wer ist denn alles mit Ihnen in Florida?

Zverev: Mein Bruder mit seiner Familie, meine Eltern …

… ihre Freundin auch?

Zverev: Nein, meine Freundin ist leider nicht da. Das ist natürlich nicht so toll. Sie ist nach meinem Turnier in Mexiko Ende Februar nach Deutschland zurückgeflogen und wollte dann eigentlich im März wieder nach Miami kommen. Wegen der Reisebeschränkungen konnte sie dann aber nicht mehr fliegen. Wir haben uns nun also schon fast zwei Monate nicht mehr gesehen. Das ändert sich hoffentlich bald wieder und dann werden wir so schnell nicht mehr auseinandergehen.

Wie sieht denn aktuell ein normaler Tag bei Ihnen aus?

Zverev: Ich beginne gegen halb neun mit einer Einheit mit meinem Physio, dann stehen zwei Stunden Training auf dem Programm. Nach einer Ruhephase geht es dann noch einmal von 17.30 Uhr bis 20.00 Uhr weiter, meist im Fitnessstudio.

Wenn Sie die Bilder aus New York sehen. Können sie sich da überhaupt vorstellen, dass die US Open dort im September stattfinden?

Zverev: Das ist schwierig zu sagen. Aber man kann sich das nur schwer vorstellen, zumal die Hartplatz-Saison in den USA eigentlich ja sogar schon Ende Juli, Anfang August beginnen soll. Ich finde, die ATP muss schauen, was wann möglich ist. Wenn es in den USA nicht geht, geht es aber vielleicht schon in Europa. Da sind sie etwas weiter. Vielleicht muss man dann dort Turniere stattfinden lassen.

Sie haben also weiter Hoffnung, dass die Tour noch in diesem Jahr wieder ihren Betrieb aufnimmt?

Zverev: Natürlich, wir sind erst Ende April. Es ist noch viel Zeit.

Könnten Sie sich auch Turniere ohne Zuschauer vorstellen?

Zverev: Ja, am Ende des Tages würde ich lieber ohne Zuschauer spielen, als gar nicht zu spielen. Auch wenn es schade wäre. Aber wenn es sicherer ist, warum nicht? Das größte Problem ist, dass wir aus der ganzen Welt anreisen müssen. Die Reisebeschränkungen sind, denke ich, das größte Problem, das wir im Tennis haben.

Durch die Pause haben Sie nun quasi eine neue Vorbereitung, die sie im Winter nicht hatten. Kann das ein Vorteil sein?

Zverev: Ich würde lieber spielen, als zu trainieren. Das ist doch klar. Aber man muss in allem das Positive sehen. Wir würden jetzt alle lieber in Europa die Sandplatz-Saison spielen, aber weil das nicht geht, nutzen wir die Zeit eben, um uns so gut es geht auf den Moment vorzubereiten, wenn es wieder losgeht.

Woran arbeiten Sie gerade genau?

Zverev: Am Aufschlag und an meiner Rückhand. Und daran, dass ich aggressiver spiele, mehr ans Netz gehe. Und physisch will ich so gut vorbereitet sein, wie es nur geht, wenn wir wieder spielen.

Sie hatten bei den Australian Open erstmals in ihrer Karriere bei einem Grand-Slam-Turnier das Halbfinale erreicht, waren in guter Form. Kommt die Pause für Sie zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt?

Zverev: Ja, ich hatte das Gefühl, dass ich richtig gut spielen kann, dass ich ganz nah dran bin, um bei einem Grand-Slam-Turnier ganz vorne dabei zu sein. Mein Aufschlag kam immer besser, ich habe mich auf dem Platz richtig wohl gefühlt. Zudem hatte ich wenige Punkte zu verteidigen. Von daher ist das natürlich bitter, ich hätte im Ranking einen Sprung machen können. Aber es gibt derzeit wichtigeres.

Noch weiß niemand, wann wieder Tennis gespielt werden kann. Fällt es da nicht schwer, sich im Training zu motivieren?

Zverev: Natürlich ist es nicht immer einfach. Du weißt nicht so recht, worauf du hin trainierst. Aber ich sehe das jetzt auch als Einsatz für die nächsten Jahre. Ich bin sicher, dass ich davon profitieren werde, dass ich jetzt so hart arbeite.

In der vergangenen Woche haben Sie und Ihr Bruder auch am Cyber-Training der Bayern-Fußballer teilgenommen. Haben Sie es den Bayern-Stars da mal gezeigt?

Zverev: Das größte Problem war, dass es bei uns hier in Florida fünf Uhr morgens war. Aber es war relativ lustig, es war gut, zu sehen, was die Bayern so machen. Wir arbeiten im Tennis ganz anders, stemmen mehr Gewichte und so. Aber es hat Spaß gemacht.

Sie gehören auch zu denen, die die Spendenaktion von Joshua Kimmich und Leon Goretzka unterstützen. Wie kam es dazu?

Zverev: Joshua hat mich angeschrieben, ob ich dabei wäre. Und ich habe sofort ja gesagt. Ich finde, das ist eine tolle Sache. Ich denke, die Sportwelt kann da eine Menge bewegen.

Glauben Sie insgesamt, dass sich die Welt nach Corona zu einem Besseren wandelt?

Zverev: Ich denke, dass die Menschen die einfachen Dinge mehr genießen können. Zeit mit Freunden zu verbringen, einfach mal gemütlich essen zu gehen. Solche Dinge werden, glaube ich, dann mehr wertgeschätzt. Und vielleicht schauen wir auch endlich mal mehr auf unser Klima, die Umwelt, auf unseren Planeten allgemein. Ich glaube schon, dass man aus dieser Zeit etwas Positives mitnehmen kann.

ZUR PERSON: Der gebürtige Hamburger Alexander Zverev ist derzeit Deutschlands bester Tennisprofi. Bei den Australian Open im Januar stand er erstmals bei einem Grand Slam im Halbfinale. Mit 23 Jahren hat Zverev die Zukunft noch vor sich. In der Weltrangliste belegt er aktuell Rang sieben.

Fotocredits: Francisco Estrada
(dpa)

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