Leipzig – Nach dem verpatzten Statement im Kampf um die Champions League begann Julian Nagelsmann die Fehlersuche an einem doch recht verwunderlichen Punkt.
Er wolle zwar kein Alibi suchen, aber er sei ehrlich und verstehe die Spielansetzung nicht, monierte der Trainer von RB Leipzig. «Es ist zum wiederholten Mal, dass wir einen richtig beschissenen Spielplan kriegen. Kann ich nicht ganz nachvollziehen. Aber ist halt so», sagte der sichtlich angefressene Nagelsmann.
In den Worten schwang dieselbe Widerspenstigkeit mit, mit der sich Hertha BSC zuvor ein 2:2 erkämpft hatte. Statt auf Platz zwei der Fußball-Bundesliga vorzurücken, ist Leipzig weiterhin Dritter. Zudem nutzte man die Chance nicht, sich von Leverkusen und Mönchengladbach abzusetzen, den direkten Konkurrenten im Kampf um die Königsklassen-Plätze.
Die Berliner hatten zwei Tage länger Pause gehabt, was Nagelsmann so gar nicht passte. Dabei hatte der 32-Jährige freiwillig auf frische Kräfte verzichtet und bis auf die verletzten Yussuf Poulsen und Kevin Kampl auf das Team gesetzt, das Mainz 5:0 überrollt hatte. Weil es keine Zeit zum Training gab, hätte sich auch die Müdigkeit nicht angekündigt, meinte Nagelsmann.
Nach dem abgelassenen Spielplan-Frust lenkte der Coach den Blick doch noch auf die fußballerische Analyse. Und die fiel vor allem mit Blick auf die Standardsituationen verheerend aus. Wie schon gegen Freiburg geriet RB auch gegen Hertha nach einer Ecke in Rückstand, weil Dayot Upamecano Marko Grujic (10.) völlig aus den Augen verloren hatte. «Das war eine katastrophale Standardverteidigung», schimpfte Nagelsmann. «Bin mit dem Ergebnis und dem Spiel nicht zufrieden. Der Punktverlust war selbstverschuldet.»
Obwohl die Hertha diszipliniert, kompakt und aufopferungsvoll spielte, bescheinigte Nagelsmann dem Gegner «kein berauschendes Spiel». Man gebe ihnen eigenverschuldet einen Zähler mit. Das ist in einigen Punkten durchaus nachvollziehbar. Durch die Gelb-Rote Karte gegen Marcel Halstenberg (63.) und das unbeholfene Foul von Ademola Lookman, das zum Ausgleichs-Elfmeter von Krzysztof Piatek (83.) geführt hatte, schwächte RB sich selbst.
Doch Leipzig machte mitnichten ein gutes Spiel. Die Mannschaft lief fast zehn Kilometer weniger als sonst, spielte sich kaum Chancen heraus und hatte bei der zwischenzeitlichen Führung durch Patrik Schick (68.) massive Hilfe von Hertha-Torwart Rune Jarstein. Einer der wenigen Leipziger in Normalform war Lukas Klostermann, der seine Leistung mit dem Ausgleich (24.) untermauerte. «Wir sind selbst Schuld, dass wir nicht mehr rausgeholt haben. Das werden wir in den nächsten Tagen analysieren», sagte der Nationalspieler.
Es passte spielerisch einfach nicht. RB wollte offensiv viele Situation mit direkten Pässen lösen, was zu einer ungewohnten Fehlerhäufung führte. «Wir haben viele Bälle im Mittelfeld verloren, wo wir mit sauberem Passspiel hätten durchkommen können. Es war einfach zu wenig», sagte Torwart Peter Gulacsi.
Bis zum nächsten Spiel in Köln am Montag (20.30 Uhr) hat Leipzig die längstmögliche Pause. Außerdem sollte ein eng getakteter Spielplan für eine Mannschaft, deren Anspruch die regelmäßige Teilnahme an der Champions League ist, das geringste Problem sein.
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(dpa)