Frankfurt/Main – Erst war Markus Gisdol heißer Trainer-Anwärter beim VfB Stuttgart, dann wollte ihn Werder Bremen – doch am Ende wird er wohl beim Hamburger SV anheuern.
Es kommt nicht oft vor, dass ein vereinsloser Coach seine neue Arbeitsstelle unter drei früheren Top-Adressen des deutschen Fußballs auswählen kann. Das liegt zum einen am derzeit nicht gerade üppigen Trainermarkt, vielmehr aber noch am guten Ruf, den sich Gisdol in der Branche erworben hat.
Der 47-Jährige gilt als Taktik-Experte und als Fachmann, der Talente entwickeln kann. Nicht zufällig arbeitete Gisdol viele Jahre im Nachwuchsbereich, ehe er bei 1899 Hoffenheim in die Chef-Rolle schlüpfte. In seiner Amtszeit im Kraichgau, wo er vom 2. April 2013 bis zum 26. Oktober 2015 das Kommando an der Seitenlinie führte, avancierten Kevin Volland, Sebastian Rudy und der Brasilianer Roberto Firmino zu Nationalspielern. Die beiden Olympia-Silbermedaillengewinner Niklas Süle, der mittlerweile sein Debüt in der A-Auswahl gab, und Jeremy Toljan schafften unter ihm den Sprung in die U21-Nationalmannschaft.
Auch nach seiner Entlassung in Hoffenheim blieb Gisdol am Ball – er nutzte die Zeit intensiv zur Weiterbildung. Gisdol jettete oft auf die Insel, um sich Spiele der englischen Premier League anzuschauen, beobachtete acht Tage das Training beim Champions-League-Finalisten Atletico Madrid und verfolgte intensiv die EURO in Frankreich sowie die U19-EM in Deutschland.
Eine seiner Stärken: Gisdol schaut auch über den Tellerrand. So besuchte er eine Woche lang den deutschen Handball-Rekordmeister THW Kiel, wo er sich in vielen Gesprächen mit Coach Alfred Gislason neue Anregungen für die tägliche Trainingsarbeit holte.
Bis zu seinem Rauswurf in Hoffenheim war Gisdols Geschichte die eines Aufsteigers. Als Aktiver kickte der Mittelfeldspieler meist in der Oberliga, ehe eine schwere Knieverletzung ihn mit 27 Jahren zum Karriereende zwang. Er wechselte auf die Trainerbank. Auch dort begann der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann nicht in der Beletage, sondern in der Bezirksliga. Später betreute er unter anderen den Nachwuchs des VfB Stuttgart und von Hoffenheim und war Co-Trainer auf Schalke.
Angesichts dieses Werdeganges überrascht sein Credo im Umgang mit Stars und Talenten nicht. Dieses beschrieb er einmal so: «Es sind alles Menschen, die Gefühle haben, die ernst genommen und einen Plan haben wollen.» Das will er nun wieder aktiv in der Bundesliga vermitteln.
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(dpa)