Radsport

Alarm in der Traumfabrik – Team Sky und Wiggins unter Druck

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Doha/Manchester – Chris Froome hatte sich den Trip in die Wüste zur Straßenrad-Weltmeisterschaft erst gar nicht angetan. Stattdessen vergnügt sich der Tour-de-France-Champion derzeit mit Angeln und Cocktails im Urlaub.

Froome dürfte seinen WM-Verzicht im Nachhinein kaum bereut haben, hätte er als Vorzeigefahrer vom Team Sky nur unangenehme Fragen beantworten müssen. Schließlich braut sich daheim rund um seinen Edel-Rennstall einiges zusammen. Die britische Anti-Doping-Agentur UKAD hat Ermittlungen wegen Fehlverhaltens eingeleitet. Im Mittelpunkt stehen Olympiasieger und Ex-Toursieger Bradley Wiggins sowie Teamchef Dave Brailsford.

Wie die «Daily Mail» berichtet, soll es sogar zu einer Razzia im Velodrome von Manchester, wo das Herz des britischen Radsports schlägt, gekommen sein. Dort, wo der Rennstall und auch der britische Verband ihren Sitz haben, sollen die Ermittler Zugang zu den Arbeitsräumen sowie Einsicht in die Daten von Sportarzt Richard Freeman verlangt haben. Die Aufregung über das plötzliche Erscheinen der Fahnder sei groß gewesen. Das Sky-Team wies diese Version in einer Stellungnahme zurück, der Besuch habe vielmehr in vollem Einklang gestanden.

Hintergrund der Ermittlungen ist eine Medikamentenlieferung an Wiggins zum Tour-Vorbereitungsrennen Critérium du Dauphiné im Jahr 2011, das der Radstar gewann. Der Kurier sei der damalige Frauen-Trainer Simon Cope gewesen. Der britische Radsportverband bestätigte die Lieferung «an einen Sky-Fahrer», ohne die Substanz oder den Empfänger zu nennen.

Wie britische Medien berichten, sei das Paket an Freeman gegangen, der nach dem Rennen Wiggins zu einem Privat-Termin im Sky-Bus aufgesucht haben soll. In diesem Zusammenhang verstrickt sich Brailsford zunehmend in Ungereimtheiten. Laut des umtriebigen Sky-Chefs sei der Bus an jenem Tag in La Toussuire ohne Wiggins abgefahren. Videos zeigen jedoch, wie der Superstar Sieger-Interviews vor dem Bus gibt. Auch gab Brailsford an, Cope habe nicht das Team, sondern Emma Pooley aufgesucht. Dumm nur, dass sich Pooley zu dieser Zeit 700 Meilen entfernt in Spanien befand, wie sie selbst mitteilte.

So bleiben viele Fragen. Wieso nimmt ein Verbandscoach einen Trip von der Insel über Genf bis in die Alpen auf sich, um ein Medikament zu überbringen? Welches Mittel war in dem Paket, welches offensichtlich nicht in Frankreich erhältlich war? Wieso zündet Brailsford Nebelkerzen, wenn es sich doch um einen gewöhnlichen Vorgang handelte? Fragen, auf die der Rennstall, der stets «Null Toleranz» propagiert, bislang keine plausiblen Antworten hatte. Wiggins ließ indes mitteilen, dass er die Untersuchung begrüße.

Der 36-Jährige steht seit einigen Wochen im Fokus, nachdem russische Hacker offengelegt hatten, dass Wiggins das auf der Dopingliste stehende Mittel Triamcinolon jeweils vor seinen Tourstarts 2011 und 2012 sowie dem Giro 2013 gespritzt bekommen habe. Der Stundenweltrekordler hatte dafür vom Weltverband UCI Ausnahme-Genehmigungen, sogenannte TUEs, vorgelegt. Pikant ist, dass sich Wiggins zu jener Zeit für die No-Needles-Policy, also dem strikten Verzicht auf den Einsatz von Spritzen, stark gemacht hatte.

«Das Ding stinkt», sagt der niederländische Zeitfahr-Spezialist Tom Dumoulin aus dem deutschen Giant-Alpecin-Team. Ähnlich bewertet es der einst wegen abnormaler Blutwerte gesperrte Ex-Sky-Profi Jonathan Tiernan-Locke: «Das sieht verdächtig aus.» Tiernan-Locke sagte zudem der BBC, dass das Schmerzmittel Tramadol bei der WM 2012 im britischen Team offen angeboten worden sei.

So wachsen die Zweifel, ob es bei der sagenhaften Erfolgsgeschichte des britischen Radsports mit rechten Dingen zugegangen ist. Denn in der Traumfabrik von Manchester wurden Erfolge produziert, die die Konkurrenz nur verblüfft zurücklassen. Das Team Sky hat vier der letzten fünf Frankreich-Rundfahrten mit erdrückender Dominanz gewonnen. Im Bahnradsport kehren die Fahrer regelmäßig mit zahlreichen Goldmedaillen von den Sommerspielen zurück. Erst jüngst in Rio waren es wieder sechs Goldmedaillen.

Fotocredits: Stringer
(dpa)

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