Berlin – Das Wort Bayern-Jäger will bei den Überraschungsclubs Hertha BSC und 1. FC Köln niemand hören. Zwar begegnen sich die beiden Überflieger der bisherigen Bundesliga-Saison am Samstag (15.30 Uhr) im Spitzenspiel der Berliner gegen den Zweiten – und ganz Fußball-Deutschland wundert sich.
Doch auf Augenhöhe mit dem Spitzenreiter und Branchenprimus aus München sehen sich Hertha und der FC noch lange nicht. «Es ist ein spannender Vergleich von zwei Mannschaften, die sich richtig gut entwickelt haben», erklärte Berlins Manager Michael Preetz stattdessen.
Die Kölner legten den besten Saisonstart seit 29 Jahren hin, Hertha startete nur vor 46 Jahren besser. Der FC (derzeit 15 Punkte) könnte mit einem Sieg in der Hauptstadt sogar erstmals seit 20 Jahren nach einem kompletten Spieltag wieder Bundesliga-Spitzenreiter sein, wenn gleichzeitig die Bayern (17) gegen Borussia Mönchengladbach patzen sollten. «Es ist schön, sich mit einer Mannschaft zu messen, die nach ähnlich schwerem Anfang eine gute Entwicklung hat, einen guten Manager und eine gute Phase», sagte Hertha-Coach Pal Dardai.
Preetz sieht in der Arbeit seines Kollegen Jörg Schmadtke einen wesentlichen Grund für die Auferstehung des dreimaligen deutschen Meisters. «Jörg ist mittlerweile lange im Geschäft, hat überall gute Arbeit geleistet. Wahrscheinlich war es seine größte Leistung, dass es einem Düsseldorfer gelungen ist, die Kölner zu befrieden und für Ruhe zu sorgen», erklärte Preetz, der auch aus Düsseldorf stammt.
Beide Manager wählten – teilweise auch gezwungen durch die wirtschaftliche Lage – einen anderen Weg als viele andere Clubs. Sie setzten auf ein eingespieltes Team, gaben für neue Spieler nur 5,1 Millionen (Köln) und 6,6 Millionen Euro (Berlin) aus. Die Bilanz vor dem achten Spieltag, die Köln noch ohne Niederlage und Berlin mit nur einem verlorenen Spiel in München listet, hat für Preetz deshalb noch keinen ganz großen Aussagewert. «Für beide ist es noch ein unglaublich langer Weg. Natürlich hilft es, wenn du guten und erfolgreichen Fußball spielst», unterstrich der Hertha-Macher.
Nicht nur die Torjäger Anthony Modeste – der Kölner führt mit sieben Treffern die Torschützenliste an – und Vedad Ibisevic (5) haben dafür gesorgt, dass in beiden Vereinen auch das Selbstbewusstsein gewachsen ist. «Das ist ein Signal an die Bundesliga», meinte Preetz: «Wir sind da, wenn die großen Clubs schwächeln.» Das sorge für neue Spannung.
«Wir wollen das, was wir auswärts immer wieder zuwege gebracht haben, fortsetzen. Das hat in Berlin nicht immer so gut funktioniert, was auch damit zu tun hat, dass es schwer ist, in Berlin Punkte mitzunehmen», sagte FC-Coach Peter Stöger. Der letzte Kölner Sieg und das letzte Kölner Tor in Berlin liegen schon sieben Jahre zurück.
Ein Vorteil für die Gäste könnte sein, dass sie ohne Ausfälle nach Berlin kommen. Hertha fehlen im gesperrten Valentin Stocker sowie den Langzeitverletzten Vladimir Darida und Ondrej Duda gleich drei Spielmacher. Routinier Salomon Kalou, der in dieser Ligasaison noch keine Minute gespielt hat, soll wahrscheinlich diese Rolle übernehmen. Auch Fabian Lustenberger (Beckenprellung) ist nicht dabei.
60 000 Fans werden erwartet – das erinnert noch nicht an die 60-er und 70-er Jahre, als mehrmals über 80 000 das Duell Hertha kontra Köln verfolgten. «Man muss über zwei unterschiedliche Städte sprechen. Köln ist unglaublich fußballverrückt, jeder will dabei sein. In Berlin ist es noch ein bisschen anders – wir arbeiten daran», sagte Preetz. Am 26. September 1969 sahen 88 075 Fans im Olympiastadion Herthas 1:0 gegen Köln – bis heute Rekord in der deutschen Beletage.
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(dpa)