Paris – Das bislang beste Jahr seiner Karriere will Andy Murray nun auch mit dem Sprung auf den Tennis-Thron krönen. Schon in Paris beim Masters-Event in dieser Woche kann der nun bereits seit 15 Spielen ungeschlagene Brite den Serben Novak Djokovic von Platz eins der Rangliste verdrängen.
«Ich denke, ich verdiene es, dort zu stehen», sagte Murray, «die letzten vier, fünf Monate habe ich das beste Tennis meiner Karriere gespielt.»
In der Tat ist Murray derzeit der große Dominator im Herren-Tennis. Während sich seine langjährigen Dauerrivalen Roger Federer und Rafael Nadal von ihren Verletzungen erholen und erst im neuen Jahr wieder auf die Tour zurückkehren wollen, eilt Murray von Sieg zu Sieg. Titel in Peking, Titel in Shanghai, Titel in Wien – der 29-Jährige ist derzeit nicht zu stoppen. «Es läuft ganz gut», sagte Murray auf seine typisch nüchterne Art und Weise.
Die beeindruckende Erfolgsserie der vergangenen Wochen hat den Schotten bis auf 415 Punkte an Djokovic herangebracht, der seit seinem lang ersehnten Triumph bei den French Open Anfang Juni mit Motivationsproblemen zu kämpfen hat. Gewinnt Murray nun auch in Paris und Djokovic erreicht nicht das Finale, ist Murray die neue Nummer eins. Auch wenn Murray das Endspiel verliert, kann es für ihn zum Sprung an die Spitze reichen – dann muss Djokovic allerdings bereits spätestens im Viertelfinale ausgeschieden sein.
So sehr sich Murray danach sehnt, endlich auch vom Computer als bester Spieler der Welt anerkannt zu werden, so wenig beschäftigt er sich mit möglichen Rechenspielen. «Die Rangliste ist nicht unter meiner Kontrolle», sagte der dreimalige Grand-Slam-Turnier-Champion. «Novak hat es selbst in der Hand.»
Und der Schützling von Boris Becker will sich nicht so einfach vom Thron verdrängen lassen. «Es sorgt dafür, dass ich auf den Platz gehen und um jeden Punkt kämpfen will, weil es am Ende etwas zu gewinnen gibt», sagte Djokovic, der vier der vergangenen fünf Jahre als Nummer eins beendet hat. «Ich war schon zuvor in solch besonderen Situationen und weiß genau, was zu tun ist.»
Für den 29-Jährigen ist es die Rückkehr in jene Stadt, in der er seinen größten Triumph in diesem Jahr gefeiert hat. Der Titel bei den French Open war sein großer Traum. «Ich habe ein paar Schmetterlinge im Bauch, jetzt wo ich wieder in Paris bin», sagte Djokovic.
Nach dem Titel in Roland Garros fiel er in ein mentales Loch. «Ich habe mich ein bisschen ausgelaugt gefühlt», sagte der Serbe. Das Gefühl, auf dem Platz an seine Grenzen zu gehen, habe er sich erst wieder neu erarbeiten müssen. «Ich musste auf und abseits des Platzes einige Dinge neu ordnen.»
Jetzt fühlt sich Djokovic wieder bereit für das packende Duell mit Murray um Platz eins. «Ich bin in einer besseren Verfassung als noch vor einiger Zeit», sagte Djokovic. Ob das reicht, um dem Ansturm von Murray Herr zu werden? «Seine zweite Jahreshälfte war ziemlich beeindruckend», sagte der Branchenprimus.
Murray selbst macht sich keinen Druck. «Ich denke, die Chance zu Beginn des neuen Jahres ist eh größer», sagte der Brite. Denn bis in den April hinein hat er mit Ausnahme des Finales bei den Australien Open nicht viele Punkte zu verteidigen. Murray gegen Djokovic – es dürfte auch das Duell 2017 werden.
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(dpa)