In jedem Sommer ist es im Juli wieder soweit. In Frankreich beginnt die große Rundfahrt auf dem Rad: die Tour de France. Kein Radrennen auf der Welt hat auch nur annähernd eine ähnliche Bedeutung. Das Profil der Strecke unterscheidet sich zwar vom Schwierigkeitsgrad nicht von dem anderer Rundfahrten. Allerdings wird bei der Tour de France deutlich stärker in die Pedalen getreten. Die Geschwindigkeit ist daher nahe derjenigen von Eintagesklassikern.
Die Dopingfälle häufen sich
Von Jahr zu Jahr wachsen allerdings die Zweifel, ob es bei der Tour de France mit rechten Dingen zugeht. Grund dafür ist, dass immer mehr Fälle von Doping bekannt werden. Aus dem deutschen Radsport haben hier die Fälle von Erik Zabel und vor allem von Jan Ullrich traurige zusätzliche Berühmtheit erlangt. Jan Ullrich hat inzwischen eingestanden, mit Eigenblut gedopt zu haben, nachdem er dies über viele Jahre, trotz extrem ungünstiger Beweislage, abgestritten hatte. Erik Zabel gestand den Gebrauch von Epo im Rahmen der Tour de France im Jahr 1996. Derzeit verteidigt sich der siebenfache Gewinner der Tour de France Lance Armstrong gegen den sich immer mehr verhärtenden Verdacht, gedopt zu haben. Die Radreise quer durch Frankreich zieht dies immer mehr in die Krise.
Tour oder Tortur?
Einen Grund für den immer weiter um sich greifenden Missbrauch von künstlichen Substanzen zur Leistungssteigerung bzw. das Doping mit Eigenblut sind die über Jahre immer weiter verschärften Anforderungen des Streckenprofils der Tour de France. In Frankreich wird die Tour in immer längeren und schwierigeren Abschnitten durch die Pyrenäen und die französischen Alpen geleitet. Zusätzlich werden mehr Anstiege eingeplant und ein noch höheres Tempo gefahren. Mit normalen Mitteln lässt sich hier nicht mehr mithalten. Von daher gibt es so gut wie keine Fahrer, die sich dem Druck zum Dopen entziehen können. Die Tour de France ist inzwischen mit Training und guter Ernährung allein nicht mehr durchzustehen.
Wege aus der Krise für den Sport auf dem Fahrrad
Da die Tour de France Jahr für Jahr vor allem mit Skandalen von sich reden machte, haben sich inzwischen eine Reihe von Sponsoren vollständig aus dem professionellen Radsport zurückgezogen. Das erfolgreiche deutsche Team Telekom ist seit langem Geschichte. Auch die Fernsehanstalten berichten seit vielen Jahren deutlich zurückhaltender von der großen Schleife. Dabei bieten Landschaft und Kultur in Frankreich weiterhin einen durchaus reizvollen Rahmen für das weiterhin größte Spektakel im professionellen Radfahren weltweit. Hier liegt auch die Chance, die große Tradition der Tour de France mit ihren vielen Geschichten vom Radfahren in Würde fortzusetzen. Langsam dürfte auch dem letzten Profi-Radfahrer klar geworden sein, dass er mit Doping aufgrund des weitergehenden Imageverlustes für den Radsport als Ganzes an dem Ast sägt, auf dem er sitzt. Von daher sollten sich alle Teilnehmer einer umfassenden Kontrolle in Sachen Doping aussetzen. Ohne eine solche Kontrolle sollte keine Startgenehmigung erteilt werden. Gleichzeitig sollte das Streckenprofil der einzelnen Etappen überarbeitet werden, um die Tour de France zumindest ansatzweise wieder einem normalen Radrennen anzunähern. Kultur und die wundervolle Landschaft der verschiedenen Gegenden Frankreichs werden dann ihr übriges tun, dass Radfahren im Fernsehen im Juli wieder zu einem attraktiven Highlight des Sommers wird. Nur wenn dies gelingt, hat der Sport in Sachen Fahrrad noch die Chance, leichtfertig verspieltes Vertrauen beim Betrachter mittel- bis langfristig wieder zurück zu gewinnen. Anderenfalls droht der Tour de France tatsächlich das Schicksal eines Auslaufmodells.