Paris – Comeback-Spezialist Alexander Zverev lässt sich bei den French Open einfach nicht in die Knie zwingen – nach dem erstmaligen Einzug unter die letzten Acht eines Grand-Slam-Turniers sank er dafür freiwillig nieder und streckte die langen Arme Richtung Himmel.
«Ich bin glücklich», sagte Zverev, «aber das ist nicht das Ende. Es ist noch nicht der nächste Sonntag.»
Zverev will ins Endspiel, der Weg dahin ist aber noch weit. Die dritte gelungene Aufholjagd nach einem 1:2-Satzrückstand beschert dem Weltranglisten-Dritten zumindest endlich ein Viertelfinale bei einem der vier wichtigsten Turniere. «Was für ein Moment, was für eine Situation, er hat sich das redlich verdient», schwärmte der deutsche Herrentennis-Chef Boris Becker als TV-Experte bei Eurosport.
Nach dem 4:6, 7:6 (7:4), 2:6, 6:3, 6:3 gegen den Russen Karen Chatschanow wartet am Dienstag in Paris der Österreicher Dominic Thiem, der zum dritten Mal nacheinander ins Halbfinale will. «Das war das Match, das sich alle gewünscht haben», sagte Thiem und meinte über Zverev: «Drei Fünf-Satz-Siege in Folge – ich hoffe, dass ich einen körperlichen Vorteil haben werde.» Erst jüngst behielt Zverev jedoch die Oberhand im Finale des Masters-Turniers in Madrid. «Körperlich mache ich mir nicht viele Sorgen», betonte er.
Auch für Angelique Kerber und Maximilian Marterer geht es am Montag noch um das Viertelfinale. Marterer trifft allerdings auf den Weltranglisten-Ersten und Titelverteidiger Rafael Nadal aus Spanien, Kerber tritt gegen die Französin Caroline Garcia an.
Zverevs Auftritte bei diesem Turnier sind indes nur schwer an Spannung und Emotionen zu überbieten. «Pure Leidenschaft, er muss diesen Sport lieben, sagenhaft», sagte Becker überschwänglich.
Wieder musste der 21-Jährige auf dem Court Suzanne Lenglen mehr als drei Stunden lang schuften, machte Auf und Abs in seinem Spiel und bei seinen Gefühlen mit. Er ärgerte sich zum Unmut des buhenden Publikums über den Schiedsrichter und warf seinen Schläger, wirkte dann wieder in sich gekehrt und fast desinteressiert, ehe er ab Mitte des vierten Satzes dank seines größeren Könnens den 22 Jahre alten Weltranglisten-38. Chatschanow niederrang – so wie schon zuvor den Serben Dusan Lajovic und Damir Dzumhur aus Bosnien-Herzegowina. Zverev spielte bewusst auch mit den Gefühlen, es habe ihm geholfen, seine Energie wiederzufinden, berichtete er.
Auch eine Blase am linken Fuß stoppte Zverev im letzten Satz nicht mehr in dem dann wieder hochklassigen und intensiv geführten Match zweier alter Bekannter aus gemeinsamen Juniorenzeiten. Nach 3:29 Stunden verwandelte er seinen ersten Matchball und schaffte es einen Schritt weiter als vor knapp einem Jahr in Wimbledon.
Angelique Kerber hofft am Montag auf den ersten Viertelfinal-Einzug in Paris seit 2012. «Ich bin froh, jetzt mal wieder in der zweiten Woche in Paris zu stehen, aber ich muss ich weiter steigern», sagte die 30-Jährige nach dem hart erarbeiteten 7:6 (7:4), 7:6 (7:4) über die Niederländerin Kiki Bertens. Dank der gelungenen Revanche für die Erstrunden-Niederlage vor zwei Jahren an gleicher Stelle erreichte Kerber erstmals seit vier Jahren wieder die Runde der letzten 16.
Julia Görges und Andrea Petkovic schieden dagegen aus. Görges verlor 3:6, 4:6 gegen Grand-Slam-Rückkehrerin Serena Williams, die am Montag in einem Duell der großen Tennis-Namen auf Maria Scharapowa trifft. Petkovic zeigte beim 5:7, 0:6 gegen die Weltranglisten-Erste Simona Halep aus Rumänien einen starken ersten Satz und konnte nicht mehr Paroli bieten, als sie anfangs des zweiten Durchgangs Probleme mit ihrem operierten rechten Knie bekam. «Es ist supernervig», klagte Petkovic. «Mit halber Kraft geht es nicht.»
Während Alexander Zverevs älterer Bruder Mischa mit 1:6, 7:6 (7:3), 3:6, 6:7 (4:7) am Südafrikaner Kevin Anderson scheiterte, erspielte sich Marterer durch das 6:2, 6:1, 6:4 über Außenseiter Jürgen Zopp aus Estland ein Duell mit dem zehnmaligen Paris-Champion Nadal. 2013 diente der nun 22-Jährige noch als Sparringspartner, nun gibt es ein Wiedersehen. «Ich sehe das als Riesenchance, zu zeigen, wie gut ich auf Sand spielen kann», sagte Marterer.
Fotocredits: Alessandra Tarantino
(dpa)