Washington – Mit geschlossenen Augen küsste Alexander Zverev den gläsernen Pokal, der frühere Topspieler Juan Carlos Ferrero strahlte neben Zverevs Eltern und dem kleinen Hund der Familie auf der Tribüne.
Die wuchtige Trophäe musste der 20-Jährige während der Siegesrede abstellen, sie wurde ihm schlicht zu schwer. Auf dem Platz war dem Hamburger dagegen zuvor nichts zu schwergefallen: Mit dem Turniersieg in Washington feierte Zverev einen perfekten Einstand der Zusammenarbeit mit Ferrero – und das soll erst der Anfang sein.
«Bei den Grand-Slam-Turnieren weiterzukommen, ist natürlich mein nächstes Ziel», kündigte Zverev selbstbewusst an. «Ich habe gezeigt, dass ich mit den Großen schon in diesem Jahr mitspielen kann und nicht erst in der Zukunft.»
Souverän mit 6:4, 6:4 hatte sich der Weltranglisten-Achte gegen den Südafrikaner Kevin Anderson durchgesetzt und sich an einem aus deutscher Sicht erfolgreichen Tennis-Wochenende ebenso wie Philipp Kohlschreiber in Kitzbühel in die Siegerlisten eingetragen. Über einen gelungenen Auftritt zu Beginn der Hartplatz-Saison durfte sich auch Julia Görges trotz des 6:3, 6:7 (2:7), 0:6 im Endspiel von Washington gegen die Russin Jekaterina Makarowa freuen.
Es ist aber vor allem Deutschlands bester Tennis-Profi Zverev, der Hoffnungen für die US Open weckt. Tennis-Legende Boris Becker gratulierte spontan zum vierten Titel in diesem Jahr nach München, Montpellier und Rom und sagte voraus: «Weitere werden folgen.»
Schon beim Masters-Turnier in Montreal in dieser Woche? Und wie weit kann es für den jüngeren Zverev-Bruder bei den US Open gehen, die am 28. August in New York beginnen? Sein Achtelfinaleinzug in Wimbledon ist bislang sein bestes Resultat bei den Grand-Slam-Turnieren. Genau für diese wichtigsten Momente im Tennis hat Zverev den Spanier Ferrero als Impulsgeber in sein Trainerteam geholt. «Es hätte keinen besseren Start geben können», sagte Zverev. «Ich hoffe, es kommen noch ein paar Titel und gemeinsame Jahre dazu.»
In Montreal ist das Toptalent an Position vier gesetzt, könnte nach einem Freilos in der ersten Runde aber gleich auf den unangenehmen Franzosen Richard Gasquet treffen. Generell scheinen Zverevs Chancen für die anstehenden Hartplatz-Events aber weiter aussichtsreich. Zumal die ehemalige Nummer eins Novak Djokovic ebenso wie US-Open-Sieger Stan Wawrinka die Saison vorzeitig beendet hat. Und auch der Weltranglisten-Erste Andy Murray noch verletzt pausiert.
Zverevs imposante Aufschläge und sein druckvolles Grundlinienspiel passen zum Hartplatz, Ferrero will ihm auch mental weiterhelfen. Der Youngster ist impulsiv und lebt seine Gefühle auf dem Platz aus. «Er ist noch jung und muss erwachsen werden. Er muss lernen, seine Gefühle zu kontrollieren», sagte Ferrero und zeigte sich überrascht von Zverevs Fitness: «Wenn du ihn im Fernsehen siehst, sieht er sehr dünn aus. Es hat mich überrascht, wie stark er ist.»
Auf Platz acht der Weltrangliste hat sich Zverev vorgearbeitet. In der Rangliste mit den Ergebnissen dieses Jahres kletterte er am Montag auf Platz vier – und wäre damit sicher für die ATP World Tour Finals der acht besten Spieler der Saison in London qualifiziert. «Das Ranking spricht für sich», sagte Zverev selbstbewusst. «Wir werden sehen, was die nächsten großen Turniere für mich bringen.»
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(dpa)