Stuttgart – Eine Lösung weiß Angelique Kerber spontan auch nicht. Seit Jahresbeginn spielt Deutschlands Tennis-Liebling teils deutlich unter dem Niveau der herausragenden Auftritte von 2016.
Von Krise spricht die Nummer zwei der Welt selbst nicht. Ein Formtief ist aber nach dem Achtelfinal-Aus der Titelverteidigerin bei ihrem Lieblingsturnier in Stuttgart nicht von der Hand zu weisen.
Frustriert kündigte die 29-Jährige an, ein paar Tage Pause einzulegen. Das 2:6, 5:7 gegen die Französin Kristina Mladenovic so schnell wie möglich abhaken zu wollen und gemeinsam mit ihrem Team über den richtigen Weg nachzudenken.
«Ich weiß es noch nicht», sagte Kerber kurz nach der nächsten Niederlage auf die Frage nach einer Lösung. «Wie ich damit umgehe? Ich denke im Moment gar nicht daran, wie ich damit umgehe, sondern bin natürlich enttäuscht», erklärte sie. «Ich glaube, man kann manchmal schon ohne Erklärung weitergehen und gar nicht so sehr darüber nachdenken, weil es halt Tage gibt, wo gar nichts läuft.»
Sie trainiere gut, sie fühle sich gut, sie denke nicht an ihre Ranglistenposition und die Weltranglistenspitze. Jeder erwarte einfach viel von ihr. Wieder und wieder zieht die US-Open- und Australian-Open-Siegerin des Vorjahres die gleichen Antworten heran.
Natürlich ist es nach zwei Grand-Slam-Triumphen, nach einem Wimbledon-Finale, einem Endspiel bei den Olympischen Spielen in Rio und bei den WTA Finals extrem schwierig, die Ergebnisse zu bestätigen. Und natürlich ist es kompliziert, sich im Dauerstress zwischen Sponsorenterminen, Interviewanfragen und sportlichen Pflichten die Ausgeglichenheit zu bewahren und sich auf Tennis zu konzentrieren. Fakt ist aber auch, dass Kerber in diesem Jahr noch keine Top-20-Spielerin besiegt hat. Vor knapp drei Wochen stand sie im Finale von Monterrey, auf einen Turniersieg 2017 wartet sie noch.
«Ich finde, Angie ist solch eine großartige Spielerin», sagte die Weltranglisten-19. Mladenovic, die zuvor dreimal nacheinander gegen Kerber verloren hatte. «Ich denke nicht, dass sie eine schlechte Phase hat. Ich habe in diesem Match besser gespielt. Das war der Unterschied.»
Kerbers erster Auftritt beim Porsche Grand Prix nach den Turniersiegen 2015 und 2016 war am Donnerstagabend einer Nummer-eins-Anwärterin allerdings nicht würdig. Die Kielerin wirkte fahrig und verkrampft. Wenig klappte wie gewünscht. Mit dem Druck könne sie umgehen, hatte sie zwei Tage zuvor noch betont und Kritik zurückgewiesen. Ratlos erklärte sie nun: «Ich habe einfach überhaupt nicht mein Tennis spielen können, warum auch immer.»
Den Platz an der Spitze der Weltrangliste wird die schwangere Serena Williams behalten. Als nächstes wichtiges Turnier steht vom 6. Mai an das Masters in Madrid auf dem Plan, wo Kerber im Vorjahr nach dem Turniersieg in der Sandplatz-Halle von Stuttgart gleich zum Auftakt verlor. «Wenn du draußen bist, ist es kalt, windig und der Sand ist natürlich ein bisschen anders. Vielleicht ist es ein gutes Omen. Letztes Jahr habe ich hier gut gespielt, davor das Jahr auch, und dann habe ich in der Outdoor-Saison nicht gut gespielt. Vielleicht ist es diesmal andersherum», sagte die Linkshänderin. Und lachte.
Fotocredits: Bernd Weissbrod
(dpa)