Tübingen – Auch zwei Jahrzehnte nach der «Zahnpasta-Affäre» ist der Doping-Fall Dieter Baumann ungelöst, Verdächtigungen gibt es aber weiterhin.
Am 23. Juni 2000 hatte der Rechtsausschuss des Deutschen Leichtathletik-Verbandes die Suspendierung des 5000-Meter-Olympiasiegers von 1992 durch den DLV nach zwei positiven Trainingskontrollen aufgehoben. Später wurde der Schwabe aber vom Weltverband IAAF gesperrt und scheiterte im Kampf um seinen Freispruch in Sydney vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS.
«Ein spannender Fall. Juristisch aufgearbeitet, aber im Kern ungelöst. Die letzte Gewissheit gibt es nicht: Man glaubt ihm – oder nicht. An dieser Bewertung hat sich bis heute nichts geändert», sagte Clemens Prokop der Deutschen Presse-Agentur. Der Jurist und damalige DLV-Vize, später lange an der Spitze des Verbandes, war einst Baumanns Widersacher vor dem Rechtsausschuss.
Baumanns damaliger Anwalt Michael Lehner sagt heute: «Ich glaube dem Dieter. Ich kenne Fakten, die die Öffentlichkeit nicht kennt. Für mich ist es nach wie vor ein Anschlag, ich denke ein Nach-Stasi-Anschlag. Das glaube ich einfach. Aus dem Umfeld der westdeutschen Leichtathletik kann ich mir so etwas nicht vorstellen.» Der Heidelberger Lehner, inzwischen einer der profiliertesten Sportrechtsexperten in Doping-Fragen, beruft sich dabei auf verschiedene Gutachten von damals.
Baumann hatte stets seine Unschuld beteuert und ging von einem «kriminellen Akt» aus. Doping-Fahnder Wilhelm Schänzer vom Kölner Labor hat damals das verbotene Norandrostendion in einer Zahnpasta des Langstreckenläufers gefunden. Die verbotene Substanz war injiziert worden – von wem auch immer. Später tauchte eine zweite fachgerecht manipulierte Tube auf. Wer es denn nun gewesen sein soll? Baumann selbst hat die Tätersuche nach außen hin seit viele Jahren abgeschlossen. «Ich werde dazu nichts sagen. Kein Kommentar zu all dem», sagte er auch 20 Jahre danach.
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(dpa)