Leverkusen – Roger Schmidt war sichtlich erleichtert. Nur elf Tage nach dem peinlichen Pokal-Aus beim Drittligisten Sportfreunde Lotte schien die Welt des Leverkuseners Fußball-Lehrers wieder in Ordnung.
«Wir sind total glücklich», schwärmte er nach dem hart erkämpften, aber verdienten 3:2 (1:0) seiner Bayer-Elf über den SV Darmstadt 98. Eine perfekte Woche mit drei Siegen vertrieb die Sorge um seinen Arbeitsplatz: «Wir haben uns eine Basis geschaffen, auf der wir für den Rest der Saison aufbauen können.»
Dass der Mannschaft nach dem berauschenden 1:0-Erfolg über Tottenham Hotspur am Mittwoch vor über 85 000 Zuschauern im Wembley-Stadion die Rückkehr in den Liga-Alltag nicht ganz leicht fiel, konnten alle Beteiligten locker verschmerzen. Schließlich hielt der Aufwärtstrend dank der Treffer von Hakan Calhanoglu (32.), Julian Brandt (56.) und Charles Aránguiz (69.) an. «Nach dem 1:1 wurde es kompliziert. Aber das hat das Team super gelöst», befand Schmidt.
Selbstverständlich war das nicht. Schließlich standen in Julian Brandt (20), Jonathan Tah (20), Benjamin Henrichs (19) und Kai Havertz (17) vier junge Profis auf dem Platz. Und doch reagierte das Team auf den Ausgleich der Gäste zu Beginn der zweiten Halbzeit erstaunlich gelassen. Der erfolgreiche Charaktertest schürt den Glauben von Schmidt an eine erfolgreiche Zukunft: «Wir haben eine tolle, spannende Mannschaft, die nur eines nicht hat: Erfahrung.»
Vor allem Startelf-Debütant Havertz verdiente sich ein Sonderlob des Trainers: «Er ist ein vollwertiger Spieler, obwohl er erst im ersten Jahr A-Jugend spielt. Ihn bringt nicht viel aus der Ruhe.» Unwesentlich älter ist Mitstreiter Henrichs, der von Bundestrainer Joachim Löw am Vortag erstmals in den Kader der Nationalmannschaft berufen worden war. Mit leuchtenden Augen kommentierte der Außenverteidiger seine Nominierung: «Erst Bundesliga, dann Champions League, nun Nationalmannschaft – das ist schon krass.»
Nach Siegen gegen Wolfsburg, Tottenham und Darmstadt sind die Diskussionen über Fußball-Lehrer Schmidt vorerst beendet. «Das war eine überlegene Leistung, die an die letzten beiden Spiele anknüpfte», urteilte Michael Schade. Fragen nach der Leistung von Henrichs nutzte der Bayer-Geschäftsführer zu einer Würdigung der Arbeit von Schmidt: «Das zeigt, dass wir einen guten Trainer haben. Henrichs ist der bereits vierte Nationalspieler in seiner Amtszeit.»
Von einem solchen Perspektivkader können die Darmstädter dagegen nur träumen. Im fünften Auswärtsspiel gab es trotz der Treffer von Antonio-Mirko Colak (47.) und Mario Vrancic (85.) die fünfte Niederlage. «Wenn man auswärts zwei Tore macht, ist das grundsätzlich nicht schlecht, aber hinten hätten wir es besser verteidigen können», klagte Torhüter Michael Esser. Dennoch fand Torschütze Colak den Auftritt ermutigend: «Ich habe bis zum Schluss an den Ausgleich geglaubt. Wenn wir weiterhin so arbeiten, wird das auch positiv.»
Selbst nach dem Treffer zum 1:3 leistete das Team von Trainer Norbert Meier weiter Gegenwehr und wurde mit dem Anschlusstor zum 2:3 belohnt. Das brachte die Leverkusener noch mal ins Wanken und nötigte dem Gäste-Coach Respekt ab: «Dass wir da noch mal zurückgekommen sind, werte ich positiv.» Weniger wohlwollend fiel jedoch Meiers Urteil über die erste Halbzeit aus: «Da habe ich die Darmstädter Tugenden vermisst, die uns überleben lassen.»
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(dpa)