München – Für die Slapstick-Szene des Spieltags sorgte ein verdutzter Zweitliga-Torhüter.
Als Mark Flekken beim 2:1 des MSV Duisburg in seinem Tor gerade einen Schluck aus der Wasserpulle nahm und mit dem Rücken zum Spielgeschehen stand, erzielte Gegner Ingolstadt das 1:1. Die Fernsehbilder von Flekkens Fauxpas waren der Renner des Bundesliga-Wochenendes.
«Enis (Hajri) köpft vorne das 2:0, alle jubeln und auch die Tormusik geht an. Daraufhin habe ich mich umgedreht und wollte einfach was trinken, als plötzlich der Ball bei mir ins Tor geht», schilderte der Niederländer das Kuriosum für jeden Jahresrückblick. Flekken ist jetzt eine Berühmtheit, speziell im Internet. «Klar, jetzt kann ich darüber schmunzeln – aber es war eine ganz kuriose Szene. Die nächsten Spiele lege ich meine Trinkflasche nicht mehr ins Tor.»
Natürlich gab es am 24. Spieltag trotz Torarmut und viel Leerlauf bei Minusgraden in den ersten sechs Partien beim Hochglanzprodukt Bundesliga ebenfalls heiß diskutierte Szenen. Etwa über das Bremer Siegtor aus abseitsverdächtiger Position beim 1:0 im Nordderby gegen den Hamburger SV. Aber ein Eindruck verfestigt sich: Deutschlands Eliteliga büßt vor der Zielgeraden an Spannung und Spektakel ein.
Der Liga-Dino HSV ist wie der 1. FC Köln im Abstiegskampf abgeschlagen. Bayern München wird Meister, mal wieder und zum 28. Mal insgesamt. Selbst ein 0:0 gegen Hertha BSC störte keinen groß beim Rekordmeister. Ein Torlos-Remis zu Hause – das hatte früher auch schon Krisenszenarien zur Folge. «Es wäre schön, wenn uns in den nächsten Jahren wieder ein, zwei, drei Mannschaften richtig fordern würden. Das wäre für den Spannungsgehalt der Liga wunderbar und würde unsere internationale Klasse besser dokumentieren», wünschte sich Bayern-Präsident Uli Hoeneß im neuen Jahr schon.
Die Liga-Begleiter hinter dem Branchenriesen machen lieber auf Understatement. Dort wird mehr über die magische 40-Punkte-Grenze zum Klassenverbleib gesprochen als über Europapokalambitionen. «Ich finde es aber kein Armutszeugnis, so weit hinten dran zu sein», sagte Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler kürzlich im ZDF-Sportstudio.
Die Bundesliga kann sich damit rühmen, dass sie eine große Ausgeglichenheit vorweisen kann. «Mit Bayern München gibt es nur einen Verein, der in jede Partie als Favorit geht. Alle anderen haben wöchentlich ein Bundesligaspiel, das auf des Messers Schneide steht», sagte Frankfurts Trainer Niko Kovac, der nach dem 0:1 seiner Eintracht in Stuttgart auf eine mäßige Matchqualität hinwies. «Der VfB hat ein Spiel gewonnen, das kein gutes Niveau hatte.»
Aktuell wartet die Liga mit Rekordzahlen auf. Die 36 Vereine der 1. und 2. Bundesliga knackten mit einem Gesamtumsatz von 4,01 Milliarden Euro in der Saison 2016/17 eine magische Grenze. Dank des TV-Vertrages wird für die kommenden Jahre weiteres Wachstum prognostiziert. Doch der erfolgreiche DFL-Chef Christian Seifert fordert immer lautstärker eine Liga, «die dauerhaft eine intakte Spitze aus mehreren Clubs hat, die europaweit mithalten können und die sich national einen spannenden Wettbewerb liefern».
«Ich finde das gut, dass man kritisch miteinander umgeht. Das Produkt muss gut bis sehr gut sein», sagte Bayern-Coach Jupp Heynckes, der Seiferts Warnrufe unterstützt. «Für die Liga und die Zuschauer wäre es interessanter, wenn oben an der Spitze ein Zwei- oder Dreikampf stattfinden würde.»
Nach der lange entschiedenen Meisterschaft wird der Nervenkitzel auch im Tabellenkeller kleiner. Durch das 1:1 des Drittletzten Mainz gegen die Wolfsburger um Neu-Trainer Bruno Labbadia und der eigenen Niederlage im Nord-Derby hat der HSV sieben Punkte Rückstand auf den Relegationsrang. «Wir haben eine Restchance und müssen alles dafür tun», sagte Heribert Bruchhagen. Der Vorstandsvorsitzende musste sich nicht nur über das 0:1 ärgern, sondern auch über die von ihm als «Fußballzerstörer» titulierten Menschen aus der Fankurve. Diese sorgten durch Pyro-Attacken für Spielunterbrechungen.
Spannung zieht die Spielklasse an den letzten zehn Spieltagen daraus, dass der Kampf um den Europapokal offen ist. Vielleicht gelingt es den Bayern in der Champions League, oder auch Borussia Dortmund und RB Leipzig in der Europa League, Imagepflege für die Bundesliga zu betreiben. Sonst wird es im Sommer wieder auf Joachim Löw und seine Weltmeister ankommen, bei der WM-Leistungsschau in Russland dafür zu sorgen, das «Fußball made in Germany» ein Spitzenprodukt darstellt.
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(dpa)