Zadar – Mit einem Foto sorglos feiernder Tennisprofis auf der Adria-Tour sorgte Novak Djokovic vor einer Woche schon für viel Kopfschütteln, angesichts mehrerer Corona-Fälle unter den Teilnehmern gerät der Weltranglisten-Erste nun immer heftiger in die Kritik.
Mehr noch: Die Infektionen bei Grigor Dimitrow und Borna Coric werfen Fragen für den weiteren Tennis-Neustart auf. Denn der Hamburger Alexander Zverev trat wie auch der Österreicher Dominic Thiem bei der Tour an, beide wollen in drei Wochen in Berlin bei zwei privat organisierten Turnieren dabei sein, ehe im August die weltweite Tour wieder starten soll – mit den US Open ab dem 31. August.
Während die Veranstalter in Berlin zunächst abwarten wollten, reagierten die Organisatoren des Show-Turniers «Thiems7» in Kitzbühel bereits. Die dort ebenfalls eingeladenen Dimitrow und Coric müssten nach 14 Tagen in heimischer Quarantäne negative Tests vorlegen. Dann spreche nichts dagegen, dass beide ab dem 7. Juli aufschlagen könnten. Die jeweiligen Managements würden in den nächsten Tagen über diese Option entscheiden. Alle Spieler und ihre Begleitpersonen würden nach ihrer Ankunft getestet, hieß es. Das Hygienekonzept sieht 500 Zuschauer vor, Linienrichter gibt es nicht.
Die Hygienemaßnahmen in New York, wo alle Profis in einem Flughafenhotel ohne Zugang nach Manhattan wohnen sollen und nur eine Begleitperson auf die Anlage mitbringen dürfen, empfindet Djokovic als streng. Die Folgen seines Umgangs mit der Pandemie werden nun deutlich und sorgen für geharnischte Reaktionen, auch aus dem Kollegenkreis. «Schnelle Genesung, Jungs – aber das passiert, wenn man alle Vorschriften missachtet», schrieb Nick Kyrgios bei Twitter. In Großbuchstaben fügte der Australier an: «DAS IST KEIN WITZ».
Als stur kritisierte Kyrgios, der ab dem 13. Juli ebenfalls im Berliner Steffi-Graf-Stadion aufschlagen soll, die Fortsetzung der Adria-Tour in Zadar, wo der Kroate Coric am Samstag das Duell zweier Infizierter klar gegen den danach ausgestiegenen Bulgaren Dimitrow gewann. Er fühle sich gut und zeige keine Symptome, teilte der 23 Jahre alte Weltranglisten-33. nun via Twitter mit. Doch Coric empfahl auch allen, die mit ihm in Kontakt gewesen seien, sich testen zu lassen und entschuldigte sich für mögliche Folgen. Djokovic habe sich nach seiner Rückkehr in Belgrad testen lassen, beichtete der staatliche serbische Sender RTS unter Bezug auf sein PR-Team.
Nach dem Auftakt-Event seiner Tour, mit der Spenden gesammelt werden sollen, hatte Djokovic mit Verweis auf ein Party-Foto noch getwittert: «Die Jungs hatten gestern Abend Spaß. Ich habe einige Männer ohne Hemden gesehen.» Erwähnt hatte er Zverev, Thiem, Dimitrow und den Serben Filip Krajinovic. Mittlerweile ist der Tweet nicht mehr im Kanal des 33-Jährigen zu finden, der vorige Woche beteuerte, es sei nicht gegen örtliche Regeln verstoßen worden.
Das Finale am Sonntagabend in Zadar zwischen Djokovic und dem Russen Andrej Rubljow – der ebenfalls in Kitzbühel spielen soll – wurde abgesagt. Zu den mittlerweile getesteten Besuchern zählte am Samstag auch Kroatiens Ministerpräsident Andrej Plenkovic. Er habe mit Djokovic, dessen Trainer Goran Ivanisevic und Marin Cilic gesprochen. Ein Regierungssprecher sagte der Zeitung «24Sata», das Treffen mit den Grand-Slam-Turniersiegern habe zwei bis drei Minuten gedauert, es habe kein Händeschütteln oder engen Kontakt gegeben.
Schon dass zum Auftakt in Belgrad die Zuschauer dicht nebeneinander saßen, hatte für Kopfschütteln bei Kritikern gesorgt. Die Spieler umarmten sich mitunter sogar am Netz. «Ich verstehe das nicht», schrieb die einstige Weltranglisten-Erste Chris Evert, «kein Sicherheitsabstand, totaler physischer Kontakt, keine Gesichtsmasken, sogar die Fans hatten keine Masken.» Die 65-jährige Amerikanerin wunderte sich: «Ich kapiere das nicht, nicht klug…». Ihr Wunsch, es möge außer Dimitrow keinen weiteren positiv Getesteten geben, zerschlug sich rasch.
Wie es mit der Adria-Tour nun weitergeht, ist offen. Die nächste ursprünglich geplante Station in Montenegro war bereits zuvor abgesagt worden. Nun soll noch am 3. und 4. Juli sowie am 5. Juli in Sarajevo gespielt werden.
Fotocredits: Zvonko Kucelin
(dpa)