Frankfurt/Main – Der deutsche Profifußball blickt an diesem Montag voller Spannung nach Frankfurt am Main.
Auf ihrer Präsidiumssitzung wird die Deutsche Fußball Liga entscheiden, ob Clubpräsident Martin Kind die Mehrheit am Bundesligisten Hannover 96 übernehmen darf, oder ob der Boss der Niedersachsen mit seinem Antrag auf eine Ausnahme von der 50+1-Regel scheitert. Der Beschluss der Ligaspitze kann weitreichende Folgen für den gesamten deutschen Fußball haben.
Worum geht es genau?
Kind, mit kurzer Unterbrechung seit 20 Jahren an der Spitze von Hannover 96, will die Mehrheit am Bundesligisten übernehmen. Dafür hat er einen Antrag auf Ausnahmeregelung von der 50+1 Regel gestellt. Der Unternehmer will die ganze Macht bei 96 und weitere Investoren für die Niedersachsen gewinnen.
50+1-Regel – was ist das denn?
Noch begrenzt die 50+1-Regel den Einfluss externer Investoren bei einem Club. Sie sieht vor, dass die Stammvereine nach einer Ausgliederung der Profi-Abteilungen in eine Kapitalgesellschaft immer noch die Mehrheit der Stimmanteile besitzen müssen. Eine Ausnahmegenehmigung davon erteilt die DFL nur, wenn ein Unternehmen oder eine Privatperson einen Verein mehr als 20 Jahre ununterbrochen und in einem hohem Maße gefördert haben. Dieses Maß war bei Dietmar Hopp und seiner TSG Hoffenheim zum Beispiel gegeben.
Und bei Kind?
Darüber gehen die Meinungen auseinander. Kind hat in seinem bereits im Herbst des vergangenen Jahres eingereichten Antrag genau aufgelistet, wie viel Geld er seit 1997 in den Club gesteckt hat. Öffentlich machen will er die Gesamtsumme erst nach der Entscheidung der DFL. Zuletzt gab es verschiedene Medienberichte, wonach der DFL das finanzielle Engagement des Unternehmers nicht hoch genug ist, der Antrag deshalb abgelehnt werden soll.
Was passiert, wenn die DFL Kind die Übernahme verwehrt?
Dann will der Hörgeräte-Unternehmer vor ein ordentliches Gericht ziehen. «Die Alternative ist der Rechtsweg», hat der Vereinspräsident und Mehrfach-Geschäftsführer der 96er zuletzt noch einmal deutlich gemacht. «Das ist von Anfang klar gesagt worden.»
Was bedeutet das für den deutschen Profifußball?
Dem deutschen Fußball würde dann vermutlich ein langer juristischer Streit durch die Gerichte bevorstehen. Experten sehen für Kind gute Chancen, dass er auf diesem Weg doch noch sein Ziel erreicht und die Mehrheit an Hannover 96 übernehmen darf. Damit würde dann die gesamte 50+1-Regel kippen und den Weg auch für ausländische Investoren in der Bundesliga freimachen.
Wie reagiert die DFL?
Aus der Ligazentrale gab es bislang keine öffentlichen Aussagen zum Fall Kind. Medienberichte, wonach bereits eine Entscheidung gegen den 96-Boss gefallen sei, wies die DFL am Freitag zurück. Intern beschäftigen sich DFL-Geschäftsführer Christian Seifert und Co. aber bereits schon länger mit der Thematik. Zum einen, weil sie die aktuelle Regelung ebenfalls für juristisch nicht einwandfrei halten. Zum anderen, weil sie einer zumindest teilweisen Öffnung für Investoren nicht ablehnend gegenüberstehen, ohne die Mitbestimmung der Vereine in Frage zu stellen. Das würde mehr Geld bedeuten, womit die Bundesliga international auf Augenhöhe mit den Topligen bleiben soll.
«Niemand will einen komplett freien Markt, in dem sich Investoren austoben und bedienen. Populistische Phrasen und die Ignorierung juristischer Risiken sind aber auch keine zukunftsfähige Lösung», sagte Seifert unlängst.
Wie steht der Rest des Profifußballs zur 50+1-Regel?
Die Clubs sind in dieser Frage gespalten. Es gibt Hardcore-Gegner einer Aufweichung dieser Regel, wie zum Beispiel Andreas Rettig vom Zweitligisten FC St. Pauli. Es gibt aber auch Vereinsvertreter, die die Regel für nicht mehr zeitgemäß halten. «Deshalb wartet ja auch jeder auf den Tag, an dem irgendetwas passiert und das geklärt wird», sagte Schalkes Sportvorstand Christian Heidel.
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(dpa)