Skradin – Er hat das Lachen nicht verlernt. Auch im gehobenen Alter schiebt Vlado Stenzel es hinter fast jeden seiner Sätze. Zum Beispiel, wenn er von einer seiner größten Leidenschaften redet.
«Ich koche gerne, das ist immer noch mein großes Hobby, ich habe auch eine Grillstation», erzählt der ehemalige Handball-Bundestrainer. Dann lacht er und erzählt ungebremst weiter von seinem neuen Leben, das vor einem Jahr begonnen hat, obwohl er am 23. Juli bereits 85 Jahre alt wird.
Vor etwa zwölf Monaten ist der «Magier» zurück in seine kroatische Heimat gezogen. Er wohnt jetzt nicht mehr in Wiesbaden, sondern «in einem wunderschönen Ort» namens Skradin. «Kennen Sie den?», fragt er – und lacht. Kennt man nicht unbedingt. Das sei allerdings «eine fantastische Ecke». Skradin ist eine kroatische Kleinstadt in der Nähe der kroatischen Adriaküste und liegt ungefähr zwischen Split und Zadar. Er habe dort einen Wald, und das «traumhafte Meer» liege nur 15 Minuten entfernt. Fast täglich geht er spazieren oder schwimmen. «Ich bin fit», sagt Stenzel lachend. «Topfit würde ich nicht sagen.»
Wer Stenzel am Telefon erlebt, spürt noch immer Teile dieser Energie, mit welcher er seine Handballteams vor vielen Jahren zu großen Erfolgen getrieben hat. Sechs Jahre nach dem Olympiasieg mit Jugoslawien 1972 in München führte er die deutsche Nationalmannschaft zum sensationellen Gewinn des WM-Titels in Dänemark und damit in die Weltspitze. Er trug eine vergoldete Papierkrone auf dem Kopf, als seine Spieler wie Horst Spengler oder Heiner Brand den Kroaten nach dem Final-Krimi gegen die Sowjetunion aus der Halle trugen. Der Mythos und der Spitzname des «Magiers» waren geboren.
«Er war ein sehr guter Trainer, der seiner Zeit voraus war, zumindest in Deutschland», erzählt Brand heute. «Er hat dem deutschen Handball klar gemacht, dass man mit zweimal Training in der Woche nicht ganz oben ankommen kann.» Unter Stenzel fingen Brand und Co. an, bis zu zweimal täglich für jeweils zwei Stunden zu trainieren. Der spätere Bundestrainer Brand erinnert sich immer noch mit einem gequälten Lächeln an eine genau drei Stunden und 40 Minuten lange Einheit kurz vor den Olympischen Spielen. «Wir dachten eigentlich, dass nach zwei Stunden Schluss ist. Aber Pustekuchen.»
Trotzdem ist Stenzels Verhältnis zu seinen besten Spielern immer eng geblieben. Wie keiner seiner Vorgänger legte er Wert auf die Zusammenstellung einer Mannschaft. Als er im Sommer 1974 als DHB-Coach anfing, sortierte er nach und nach ältere Spieler aus. Stenzel setzte auf junge, begeisterungsfähige Sportler wie Brand, Joachim Deckarm oder Kurt Klühspies, die ihm und seinen Ideen folgten. Auf der Suche nach dem optimalen Teamgeist arbeitete er mit Soziogrammen, welche er auf Basis von Befragungen seiner Spieler erstellte, nach dem Motto: «Wer passt wie und mit wem am besten zusammen?»
Seine Erfolgsteams hat er für nächsten Dienstag sogar nach Skradin eingeladen. Er verschickte Mails sowohl an die jugoslawischen Olympiasieger von 1972 als auch an die deutschen Weltmeister von 1978. «Dann machen wir eine große Feier», erzählt er. Auf seiner Grillstation will er dann Lamm, Spanferkel und «schöne Hühner» zubereiten, dazu soll es «schöne dalmatinische Musik» geben. «Zwei Leute mit Gitarre und Mundharmonika, die werden uns unterhalten.» Zu trinken gibt es «traumhafte Weine» aus der Gegend und zum Aufwärmen vor dem Essen einen kroatischen Schnaps.
Auch Brand will nach Kroatien reisen, ebenso Klühspies, Manfred Hoffmann, Gerd Rosendahl und wahrscheinlich noch ein paar andere. Um das Essen und die Getränke werden sie sich dort keine Sorgen machen müssen. Auch nicht um die gute Laune ihres ehemaligen Trainers.
Fotocredits: Vlado Stenzel
(dpa)