Hannover – Die Schultern der Recken sind sprichwörtlich so breit geworden, dass sie kaum noch durch die Tür passen. Handball-Bundesligist TSV Hannover-Burgdorf, der sich stolz «Die Recken» nennt, steht erstmals in der Pokal-Geschichte im Final Four um die DHB-Trophäe.
«Wir sind sehr froh, dass wir Geschichte schreiben konnten», jubelte Trainer Carlos Ortega im Überschwang. Sein Team hatte im Viertelfinale Frisch Auf Göppingen mit 31:30 besiegt.
Das Vorpreschen der TSV ins Final-Four-Turnier am 5. und 6. Mai in Hamburg ist in der Tat sehr bemerkenswert. Seit neun Jahren sind die Recken erstklassig und ärgern regelmäßig die Top-Teams der Liga. Platz sechs in der Bundesliga-Saison 2012/13 steht bislang als beste Platzierung zu Buche. Aber noch nie ist ihnen der große Wurf gelungen. Diesmal scheint es anders: Die TSV spekuliert auf den erstmaligen Gewinn des DHB-Pokals und hält in der Meisterschaft Überraschungskurs.
In laufenden Bundesliga-Spieljahr stehen die Hannoveraner als bester norddeutscher Club auf dem dritten Platz (35:11 Punkte). Angesichts der Konkurrenz von Rekordmeister THW Kiel und dem Dauerzweiten SG Flensburg-Handewitt ist das eine beachtliche Zwischenbilanz. Die beiden Champions-League-Plätze, die derzeit Meister Rhein-Neckar Löwen (36:6) und die Füchse Berlin (36:8) besetzen, liegen in greifbarer Nähe.
Zumindest einen EHF-Cup-Platz werden sich die Niedersachsen nicht entgehen lassen. Schon einmal waren sie auf europäischer Bühne zu Gast. Das war in der Saison 2013/14. Damals blieb Hannover-Burgdorf in der Gruppenphase hängen.
Der Einzug ins Pokal-Halbfinale war keineswegs sicher. Zwei Tage zuvor waren die Hannoveraner in der Bundesliga von Pokalgegner Göppingen noch mit 30:19 demontiert worden. «Das war eine ordentliche Klatsche», stöhnte TSV-Torwart Martin Ziemer. Die Schmach wollten die Niedersachsen nicht auf sich sitzen lassen. «Meine Mannschaft war richtig heiß», lautete das Fazit von Trainer Ortega.
Der 46-jährige Spanier steht seit dieser Saison am Ruder. Gemeinsam mit seinem Landsmann Iker Romero als Co-Trainer hat er das Team wieder auf Kurs gebracht. Beide lehren die spanische Handball-Schule, bei der der Kreisläufer stark eingebunden wird. Ein weiterer Grund für die Steigerung liegt in der deutlich verbesserten Defensive.
Unter Ortegas Vorgänger Jens Bürkle wäre es beinahe zum Totalschaden gekommen. In 16 Rückrundenpartien 2017 blieb das Team mit 14 Niederlagen und zwei Unentschieden sieglos. Am Ende war Hannover nur zwei Zähler besser als Absteiger Bergischer HC. Jetzt das Gegenstück: Vom Fast-Absteiger ist Hannover-Burgdorf zum Senkrechtstarter geworden.
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(dpa)