Sinsheim – Das hatten sich auf Schalke alle anders vorgestellt. Mit dem Wunschduo Christian Heidel und Markus Weinzierl sollten beim stets unruhigen Traditionsclub Ruhe und Erfolg einkehren. Aber bislang läuft alles schief.
Fünf Niederlagen zum Auftakt gab es für die Königsblauen noch nie. Trotz des historischen Fehlstarts steht Heidel weiter zu Weinzierl und nimmt die Mannschaft in die Pflicht. Doch der Coach muss langsam liefern. Sonst wird es auch für ihn eng.
Was sind Gründe für den Schalker Horror-Start?
Die Verantwortlichen tappen bei der Suche nach den Ursachen selbst im Dunkeln. Mit so einer miesen Ausbeute hatte niemand gerechnet. Beim 1:2 in Hoffenheim wurde deutlich, dass es nach wie vor an der Abstimmung mangelt. Die beiden Last-Minute-Zugänge Nabil Bentaleb und Benjamin Stambouli leisten sich auf den strategisch so wichtigen Positionen im defensiven Mittelfeld viele Fehler, Millionen-Einkauf Breel Embolo muss sich noch an das höhere Niveau in der Bundesliga gewöhnen.
Für Heidel ist das schwache Auftreten bislang zudem eine Frage der Mentalität. «Es haben noch nicht alle verstanden, in was für einer Situation wir uns befinden», sagte Heidel in Hoffenheim. Der neue starke Mann will sich die Spieler deshalb in dieser Woche vorknöpfen. Wer jetzt nicht mitzieht, landet auf der Tribüne.
Muss Weinzierl bereits um seinen Job bangen?
Noch nicht. Heidel steht nach wie vor uneingeschränkt zu seinem Wunschkandidaten auf der Trainerbank. Auch aus Eigennutz. Denn eine Trennung von Weinzierl, den er extra aus seinem Vertrag in Augsburg herauskaufte, würde auch Heidel beschädigen. Zudem wollen die Bosse auf Schalke endlich weg vom Image des Chaosclubs, der keine Geduld mit seinen Übungsleitern hat. Das Projekt mit Weinzierl ist eigentlich langfristig angelegt.
Doch wenn die Ergebnisse weiter ausbleiben, wird auch Weinzierl nicht zu halten sein. Schicksal könnte ausgerechnet das Auswärtsspiel bei Weinzierls altem Club FC Augsburg nach der Länderspielpause spielen. Auch dort hatte Weinzierl übrigens einen schwierigen Start, bekam aber die Kurve.
Hat auch Heidel Fehler gemacht?
Der 53-Jährige ist mit riesigen Vorschusslorbeeren in Gelsenkirchen empfangen worden. Als Nachfolger des stets umstrittenen Horst Heldt soll er für Kontinuität sorgen. Doch bei der Kader-Zusammenstellung scheint auch Heidel nicht komplett richtig gelegen zu haben. Für den Transfer von Naldo wurde er gefeiert, aber der Brasilianer konnte die Erwartungen bislang nicht erfüllen, saß am Sonntag draußen.
Die Verpflichtungen von Bentaleb und Stambouli gingen erst sehr spät über die Bühne. Schon in Mainz war Heidel für Last-Minute-Transfers bekannt. Die Bühne FSV Mainz 05 war aber viel kleiner, wenn es dort mit der Abstimmung eine Zeit nicht klappte, fiel das nicht so auf. Schalke ist ein anderes Pflaster. Das wird auch Heidel zu spüren bekommen.
Noch ist es erstaunlich ruhig auf Schalke. Wie lange hält das an?
Das gesamte Umfeld scheint vom schlechten Start komplett überrumpelt zu sein. Auch die Fans wussten am Sonntag in Hoffenheim nicht so recht, ob sie das Team aufbauen oder niedermachen sollten. Auffallend ist, dass sich Club-Boss Clemens Tönnies bislang öffentlich ganz zurückhält. Das war in der Vergangenheit anders und sorgte stets für Hollywood auf Schalke. Doch Tönnies, der vor der Saison selbst um seinen Posten als Aufsichtsratsboss kämpfen musste, hat sich einen Maulkorb verpasst. Die Frage ist nur, wie lange er das aushält.
Weinzierl zieht wegen der Krise die Zügel an. Der eigentlich freie Dienstag wurde diese Woche gestrichen, in Hoffenheim setzte er bereits Naldo auf die Bank. Der Coach spürt den Druck.
Fotocredits: Ina Fassbender
(dpa)