Nick Hornby veröffentlichte 1992 mit 35 Jahren sein erstes Buch. In „Fever Pitch“ schildert er sein Leben als Fan des englischen Fußballclubs Arsenal London von den Anfängen als noch kleiner Junge, der von seinem Vater ins Stadion mitgenommen wird, bis in die Gegenwart. Er erklärt, wie man überhaupt – durchaus unfreiwillig – zum Fußballfan wird und welch schweren Stand man als solcher oft hat. Wer als Fußballfan etwas über sich selbst erfahren oder als Nicht-Fan jemanden verstehen will, der von dieser seltsamen Sucht befallen ist, findet in seinem Buch „Fever Pitch“ die ultimative Erklärung.
Wie wird man ein Fußballfan?
Nick Hornby war ein Scheidungskind und zunächst nicht besonders interessiert am Fußball. Sein Vater suchte wohl etwas, das er mit seinem elfjährigen Sohn gemeinsam unternehmen könnte, und so landeten Vater und Sohn in Highbury, dem Stadion des FC Arsenal London. Nick Hornby vergleicht das, was ihm dann passierte, mit dem Vorgang, wie er sich später immer wieder in Frauen verlieben sollte: „plötzlich, unerklärlich, unkritisch und ohne einen Gedanken an den Schmerz…“, der unweigerlich folgen würde. Die wichtigste Erkenntnis für jeden Fan reift mit der Zeit: man kann sich den Verein, dessen Fan man wird, nicht aussuchen.
Warum ausgerechnet Arsenal?
Nick Hornby hatte sich in einen Verein verliebt, der in seinen ersten Fan-Jahren erschütternd erfolglos war. Arsenal nahm eine Position als graue Maus der Liga ein, hatte keine aufregenden Spieler in seinen Reihen und hatte mit den wichtigen Entscheidungen wie Meisterschaft und Abstieg nichts zu tun. Im Ligacup-Finale verlor Arsenal sogar gegen einen Drittligisten und verursachte für Wochen ein wahres Trauma in der Seele des Jungen. Doch wer als Fan so tapfer gelitten hat, darf auf Belohnung hoffen, und so erlebt der Leser auf höchst unterhaltsame Weise mit, wie Arsenal London langsam, aber sicher zu einem Spitzenclub der Premier League und in Europa wird.
Und warum bleibt man ein Fan?
In Form von zahlreichen kurzen Essays führt Nick Hornby eine Art Tagebuch. Jede Episode trägt den Titel eines Arsenal-Spiels und wird in Bezug gesetzt zu anderen Ereignissen in seinem Leben. Hornby erklärt sehr plausibel, wie sein Leben von Arsenals Terminkalender gesteuert wird. Welche Verabredungen kann man annehmen, bei welchen kann man absagen mit der ehrlichen Begründung, Arsenal spiele an dem Tag leider in Highbury ein Pokalspiel? Was sagt man seiner Freundin, wenn sie fragt, woran man gerade denkt?
Wer selbst Fußballfan ist, findet in Nick Hornby einen Gleichgesinnten. Da ist endlich jemand, der Fußballkultur so versteht wie man selbst. Hornby offenbart die gleichen Gedankengänge, die man bei sich selbst mit etwas Distanz als ziemlich absurd bezeichnen würde. Endlich beschreibt jemand diese seltsame Unruhe, die einen Fan am Spieltag kurz nach dem Aufstehen befällt. Und endlich erklärt jemand, warum man auch nach der übelsten Niederlagenserie oder dem langweiligsten Spiel der Fußballgeschichte nicht anders kann, als beim nächsten Spiel mit der gleichen Mischung aus Hoffnung und Furcht vor dem Misserfolg auf seinem Stammplatz zu stehen. Wer selbst kein Fußballfan ist, wird diese Spezies nach der Lektüre von Fever Pitch mit Sicherheit viel besser verstehen.
Nick Hornby hat mit Fever Pitch einen wichtigen Beitrag zur Fußballkultur geleistet. Er hebt das Selbstbewusstsein der oft als etwas einfältig angesehenen Fußballfans, weil sie erfahren, dass sie nicht allein sind. Er trägt damit wesentlich zum Verständnis von Fans und Nicht-Fans bei.
Die erste Auflage einer deutschen Übersetzung trug übrigens den etwas missratenen Titel „Ballfieber“, ab der 2. Auflage verzichtete man dankenswerterweise auf eine Übersetzung des Titels. Wer das Denken eines Fußballfans verstehen möchte, sollte diese Buch gelesen haben!