Düsseldorf – Die Meisterschaft dürfte entschieden sein, ein Absteiger bereits feststehen – und doch bietet die ungewöhnlich früh beginnende Rückrunde in der Fußball-Bundesliga reichlich Spannung, Konfliktstoff und Vorfreude auf die WM im Sommer.
Mit dem Top-Spiel Bayer Leverkusen gegen den FC Bayern München startet die zweite Halbserie am Freitag (20.30 Uhr) gleich mit dem Aufeinandertreffen der beiden besten Teams der vergangenen Wochen.
Die seit 14 Pflichtspielen unbesiegte Bayer-Elf will ihre Erfolgsserie gegen den mit elf Punkten enteilten Tabellenführer fortsetzen. Der Rekordmeister, der unter Trainer Jupp Heynckes erst einmal verlor, lässt sich deshalb nicht von seinen Zielen abbringen. «Ihr könnt auf einiges gefasst sein, dass wir ein gutes Frühjahr erleben», sagte Präsident Uli Hoeneß bei der vergangenen Mitgliederversammlung.
Weitaus spannender als das Titelrennen wird wohl der Kampf um die internationalen Plätze. In Zeiten ständig steigender Ablösesummen bleibt die Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb oft die einzige Möglichkeit, überhaupt in den Bieter-Prozess um begehrte Spieler einzusteigen. Dabei darf sich die halbe Liga Hoffnung machen: Den Tabellendritten Borussia Dortmund und den Tabellenzehnten Hertha BSC Berlin trennen gerade mal vier Punkte. «Wir müssen alles investieren, um die Chance, die diese Saison bietet, zu packen», sagte Sportdirektor Max Eberl vom Tabellensechsten Borussia Mönchengladbach.
Den ersten Auftritt im neuen Jahr haben die Gladbacher am Sonntag im 88. rheinischen Bundesliga-Derby beim Erzrivalen 1. FC Köln. Der Vorsprung, den die Bayern auf den ersten Verfolger haben, ist so groß wie der Rückstand, den der Tabellenletzte vom Rhein auf den rettenden Platz hat. «Es ist wahrscheinlich, dass es sehr schwer wird, die Klasse zu halten», sagte Kölns neuer Geschäftsführer Armin Veh bei seinem Amtsantritt. Auch für den Hamburger SV, der als zweiter Traditionsclub auf einem direkten Abstiegsplatz steht, ist die Situation brandgefährlich. «Wir fühlen uns gerüstet für den Abstiegskampf», sagte HSV-Sportchef Jens Todt.
Für eine Reihe von Profis bietet die Rückrunde auch die Gelegenheit, sich noch für einen Platz im WM-Kader von Joachim Löw zu empfehlen. Spieler wie Manuel Neuer und Marco Reus arbeiten nach hartnäckigen Verletzungen an ihrem Comeback. Beim BVB wird Reus sehnlichst erwartet. «Für ihn wünsche ich mir ganz besonders, dass er gesund bleibt. Damit er mit uns eine erfolgreiche Rückrunde spielt und bei der WM in Russland endlich mal sein großes Turnier spielen kann», sagte Sportdirektor Michael Zorc.
Reichlich Konfliktstoff dürfte auch der zu Saisonbeginn eingeführte Videobeweis bieten. In einer Umfrage des Fachmagazins «kicker» unter den Bundesligaspielern sprach sich fast die Hälfte der Profis (47 Prozent) dafür aus, den Videobeweis wieder abzuschaffen. Die Schiedsrichter sehen die Hilfe durch Technik wesentlich positiver. «Ich bin ein Fan des Videobeweises. Alles, was den Fußball gerechter macht, kann nur hilfereich sein», sagte DFB-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus im dpa-Interview.
Die Diskussionen seien gegen Ende der Hinrunde schon deutlich ruhiger geworden, meinte die 38-Jährige. «Wir haben einfach gelernt, dass die Entscheidungsgewalt immer der Schiedsrichter behält. Die Einschätzung, dass da irgendwo in einem Keller in Köln der Videoassistent allein entscheidet, ist nicht korrekt. Er kann höchstens einen Hinweis geben», erklärte Steinhaus. Auf den Punkt brachte es auch der ehemalige FIFA-Schiedsrichter Urs Meier in einem Beitrag des «kicker»: «Der Videobeweis ist wie ein Airbag: Er kann im Notfall helfen, aber nur in einem wirklichen Notfall!»
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(dpa)