Melbourne – Caroline Wozniacki strahlte immer wieder die silberne Henkeltrophäe an und streichelte liebevoll über den Sockel.
«Ein Traum ist wahr geworden. Daphne geht heute mit mir nach Hause, ich werde mit ihr kuscheln», sagte die 27 Jahre alte Dänin und blickte den Daphne Akhurst Memorial Cup der Australian-Open-Siegerin mit einer Mischung aus Stolz, Ungläubigkeit und Erleichterung an.
Es war nach Mitternacht, als sich Wozniacki nach dem ersten Grand-Slam-Triumph ihrer bislang unvollendeten Karriere und der Rückkehr auf Platz eins der Tennis-Weltrangliste einen Schluck Sekt gönnte und endlich diese eine lästige Frage nicht mehr beantworten musste. Beim Foto-Shooting im Botanischen Garten am Sonntagmorgen wollte Wozniacki den Pokal gar nicht mehr loslassen – und stellte ihn auch nur zum Entkorken einer Champagner-Flasche kurz auf den Rasen.
«Um ehrlich zu sein, das ist mit das Schönste daran, dass ich diese Frage nie wieder gestellt bekomme», sagte sie und lächelte. «Jetzt warte ich nur noch auf die Frage, wann ich meinen zweiten gewinne.»
Ihr Verlobungsring funkelte im Neonlicht, die Fingernägel waren passend zum Bodenbelag ihrer Titel-Erlösung blau lackiert. Die australische Zeitung «The Age» brauchte am Sonntag nach dem epischen Damen-Finale, das Wozniacki nach fast drei Stunden 7:6 (7:2), 3:6, 6:4 gegen Simona Halep für sich entschied, nur ein Wort für die Bedeutung dieses Augenblicks. «Endlich», titelte das Blatt.
43 Mal hatte sich Wozniacki in die Teilnehmerlisten eines Grand-Slam-Turniers eingetragen, seit 2005 geht sie ihrem Beruf als Tennisspielerin nach. Zweimal hat sie es in ein Endspiel bei den vier bedeutendsten Turnieren geschafft, 2009 und 2014 scheiterte sie im Finale der US Open. Dennoch kletterte Wozniacki im Oktober 2010 auf Platz eins der Weltrangliste und hielt sich dort 67 Wochen. Die Jahre 2010 und 2011 beendete die Tochter eines Ex-Fußballprofis und einer früheren polnischen Volleyball-Nationalspielerin auf Platz eins der Branchenwertung – ohne je ein Grand-Slam-Turnier gewonnen zu haben.
Die junge Dame mit den langen blonden Haaren und dem Glamour-Faktor wurde zum perfekten Gesicht für das internationale Damen-Tennis. Wozniacki war mit dem Golfstar Rory McIlroy verlobt, sie ließ sich im knappen Bikini für die «Sports Illustrated» ablichten. Nach der Trennung von McIlroy, der im letzten Moment geplatzten Hochzeit und einigen Verletzungsrückschlägen erlebte Wozniacki aber auch schwere Zeiten. Im August 2016 war sie die Nummer 74 der Welt.
«Natürlich fängst du in bestimmten Momenten an zu zweifeln», sagte Wozniacki in der Stunde ihres sportlichen Triumphs und der persönlichen Genugtuung. «Aber in den letzten anderthalb Jahren habe ich bewiesen, dass ich jede schlagen kann.» Sie gewann 27 Turniere auf der WTA-Tour, lief den New-York-Marathon, war dänische Fahnenträgerin bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio und holte Ende Oktober bei der WTA-WM in Singapur ihren bis dato größten Titel.
Bis zum 27. Januar 2018. Als am Samstagabend um 22.23 Uhr Ortszeit eine Rückhand Haleps im Netz landete, schmiss die neue Grand-Slam-Königin aus Odense ihren Schläger in die Luft, legte sich flach auf den Boden und wischte sich Tränen aus dem Gesicht. Als sie sich ein Küsschen von ihrem Verlobten David Lee abholte, dudelte der Neil-Diamond-Klassiker «Sweet Caroline» aus den Stadionlautsprechern.
«Traumhaft, mehr Drama geht nicht», kommentierte Boris Becker das Endspiel und nannte die Finalistinnen «tolle Botschafterinnen des Frauentennis». Nur einen Wunsch hatte Wozniacki dann doch noch. Einen speziellen an ihren Manager. «Ich hoffe, es klappt jetzt mit dem Elle-Cover», sagte sie vor einem Millionenpublikum – und strahlte.
Fotocredits: Dita Alangkara
(dpa)