Grassau (dpa) – Ralph Hasenhüttl wirkt zufrieden. Der neue Trainer des Bundesligaaufsteigers RB Leipzig sitzt zwischen zwei Trainingseinheiten entspannt in einem Schaukelstuhl des Golfresort-Hotels in Grassau am Chiemsee und beantwortet sichtlich vergnügt Journalistenfragen.
Leipzig ist für ihn schon eine Heimat geworden, kann man den Antworten des Fußball-Lehrers entnehmen. Er habe eine Wohnung, die Stadt sei mit dem Fahrrad wunderbar zu erkunden, die Mitarbeiter und er seien eine homogene Einheit. Ansatzpunkte für Kritik: keine.
Insgesamt scheint es, als ob dort, wo Hasenhüttl hinkommt, auch der Erfolg ist. Wobei er das bei RB Leipzig noch beweisen muss. Aber seine bisherigen Stationen als Profitrainer beim VfR Aalen und beim FC Ingolstadt lassen es ebenso vermuten wie seine Karriere als Spieler.
Hasenhüttl war dabei aber alles andere als ein Musterprofi. «Ich war nie der Fleißigste. Vielleicht habe ich deswegen auch die Positionen Libero und Mittelstürmer gespielt», berichtet er. Aber: Hasenhüttl war bereits als Spieler besonders kritisch. «Ich habe alles hinterfragt, ob es mich wirklich weiterbringt», erinnert er sich.
Der 48-Jährige, der vor seiner Ausbildung zum Fußball-Lehrer nie eine Mannschaft trainierte, hat einen eigenen Stil entwickelt. «Es gibt schon immer wieder Trainer, die einen prägen. Du bist nur gut, wenn du das verkörperst, wofür du stehst. Wenn man sich an gewissen Personen orientiert kann es schon passieren, dass man einiges davon annimmt, ohne es zu kopieren», sagt der Österreicher.
Respektvoller Umgang mit den Spielern, ihnen Verantwortung und Freiheiten zu geben, mit ihnen Spaß haben und dabei doch authentisch und fordernd sein, das sei seine Art. Spieler dürften Fehler machen, wenn sie diese danach erkennen und Lehren daraus zögen. «Ich lege großen Wert auf Automatismen, mein Spielsystem ist mutig», beschreibt er sich.
Hasenhüttl arbeitet akribisch, besonders nach Niederlagen. «Wenn Sie meine Familie fragen, sagen sie wahrscheinlich: fürchterlich. Meine Kollegen würden eher sagen: sehr sachlich», beschreibt er sein Verhalten nach Misserfolgen. «Ich versuche, Spiele losgelöst vom Ergebnis zu analysieren. Ich glaube schon, dass ich ein emotionaler Trainer bin, der aber Niederlagen mit einem gewissen Abstand als das betrachtet, was sie sind, nämlich eine Chance zu lernen.»
Im vergangenen Jahr prägte er den Spruch: «Wir werden kein Spiel verlieren, entweder wir gewinnen oder wir lernen». Der passe auch auf seine neue, junge Mannschaft. In seiner ersten Saison mit Ingolstadt in Liga eins habe er unheimlich viel gelernt. «Ich bin heute ein besserer Trainer als vor einem Jahr», betont Hasenhüttl.
Das will er nun auch mit RB beweisen. In Leipzig hat er eine hungrige, junge Mannschaft. Man könne mit Automatismen viel erreichen, das habe das Beispiel Ingolstadt gezeigt. Erfahrung sei keine Garantie für Erfolg, sagt Hasenhüttl. Und: «Wir haben hier Spieler, die hungrig und lernwillig sind. Das ist mir wichtiger als Bundesligaerfahrung. Wir versuchen, etwas zu formen, das auf Sicht sehr schnell ein hohes Niveau erreichen kann. Und dann hat man das, was man möchte – eine Mannschaft, mit der sich alle im Verein zu hundert Prozent identifizieren und der die Zukunft gehört. Deshalb finde ich unseren Weg so spannend.»
Fotocredits: Sven Hoppe