Mönchengladbach (dpa) – Dieter Hecking war gerade 18 Jahre alt und bereit, die Bundesliga zu erobern. Als junger Stürmer mit großen Zielen wechselte er vom 1. FC Paderborn zu Borussia Mönchengladbach – und wurde von seinem ersten Profi-Trainer Jupp Heynckes erst einmal eingeordnet.
«Er kam zu mir und hat gesagt: Pass auf, im ersten Jahr geht es für dich nur ums Gucken und Lernen», berichtete Hecking später, der am Samstag nun als Gladbach-Coach auf den – von seinem Ex-Chef trainierten – FC Bayern München trifft.
Heynckes habe ihm damals noch den Tipp mitgegeben: «Schau‘ dir an, wie der Frank Mill spielt.» Erst 25 Jahre später habe Don Jupp ihm bei einem Treffen verraten, dass er ihm damit vermitteln wollte, es eben nicht so zu machen wie Mill, sondern seinen eigenen Weg zu gehen. Nicht das einzige Missverständnis der beiden damals. «Er hat sich sehr viel dabei gedacht, aber ich konnte nicht immer die Erwartungen erfüllen», berichtete Hecking später und erklärte schmunzelnd: «Als Spieler war ich nicht immer sein Freund. Er hat mich zu wenig spielen lassen.»
Insgesamt stand die Zusammenarbeit des Jung-Profis Hecking und des damals auch erst 38 Jahre alten Trainers Heynckes in Gladbach unter keinem guten Stern. Und sie gipfelte in einer Begebenheit im Training, die Hecking am Donnerstag, rund 33 Jahre später, mit einem Lachen erzählte. «Wir haben in einer Nachmittags-Einheit mal fünf gegen fünf gespielt, ich war in Jupps Team», berichtete er: «Wir mussten immer so lange spielen, bis seine Mannschaft gewonnen hat – das konnte dann auch schon mal dunkel werden. Irgendwann hat er mir den Ball quergelegt, ich habe aus drei Metern über das leere Tor geschossen. Da habe ich dann Jupps Zorn gespürt – und durfte mit ihm noch einmal 30 Minuten länger trainieren.»
Nach nur sechs Spielen mit insgesamt 199 Einsatz-Minuten ohne Tor zog die Stürmer-Hoffnung Hecking enttäuscht zum damaligen Zweitligisten Hessen Kassel weiter. Dass Heynckes und er sich am Samstag (18.30 Uhr/Sky) als die beiden erfahrensten Bundesliga-Trainer in einem Top-Spiel gegenüberstehen, konnte damals niemand ahnen. Dass Hecking die Borussia trainiert und der in Mönchengladbach – das damals kurioserweise noch München-Gladbach hieß – geborene Heynckes den FC Bayern, macht das Ganze noch ungewöhnlicher.
Doch nachdem er ihn als Profi nicht so recht in die Gänge bringen konnte, gab Heynckes seinem früheren Spieler einen wichtigen Tipp für die erfolgreiche Trainer-Karriere. «Früher war ich oft zu verbissen, vielleicht aber auch etwas zu stringent. Ich habe gemerkt, dass das manchmal kontraproduktiv sein kann», gab Hecking mal in der «Sport Bild» zu. Ein Gespräch mit Heynckes habe ihn zum Umdenken gebracht: «Er hat gesagt: Die Spieler bekommen Druck von den Fans, von den Medien, von ihren Beratern, von überall. Da hilft es nicht, wenn du als Trainer auch noch immer mehr und mehr forderst – da muss man auch mal wissen, wann es gut ist, und sagen: ‚Du kannst es doch‘, statt draufzunageln. Das habe ich mitgenommen.»
So sitzt Hecking am Samstag zum 363. Mal als Bundesliga-Chefcoach auf einer Bank. Nur Heynckes hat mit 647 Spielen mehr auf dem Konto. Und zusammen können die beiden auf mehr Partien verweisen als die 16 Erstliga-Kollegen zusammen. Nicht nur deshalb sagt Hecking Heynckes für Samstag einen großen Kampf an. «Wir haben auch Qualität und den Ehrgeiz, gewinnen zu wollen», sagte er. «Wenn wir einen guten Tag erwischen, haben wir eine realistische Chance.»
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