Magdeburg – Wolfgang Sommerfeld gab sich vor dem K.o.-Duell der deutschen Handball-Frauen im WM-Achtelfinale gegen Dänemark ganz entspannt.
Der Ausgang der Partie am Sonntagabend spielt in den Zukunftsplanungen des Deutschen Handballbundes nur eine marginale Rolle. «Unser Ansatz für die Weltmeisterschaft war zweigleisig. Wir wollten ja gleichzeitig Strukturen verändern, um eine Nachhaltigkeit hinzubekommen», sagte der DHB-Sportdirektor der Deutschen Presse-Agentur. «Es hat ein Jahr gedauert, bis die notwendigen Partner in die Puschen gekommen sind, aber jetzt sind wir auf einem ganz guten Weg.»
Die Heim-WM soll unabhängig vom sportlichen Abschneiden der DHB-Auswahl Spuren hinterlassen. Deshalb hat der Verband in die gut 3,5 Millionen teure Veranstaltung viel Herzblut gesteckt und sich auch durch ein mögliches Defizit von 500 000 Euro nicht schrecken lassen. «Diese Investition hat der Verband ganz bewusst getätigt. Die WM ist ein wichtiger Motor, um den Mädchen- und Frauenhandball zu entwickeln», sagte DHB-Vorstandschef Mark Schober. «Durch die Medienresonanz haben wir viel Aufmerksamkeit bekommen.»
Mit Werbung allein ist es jedoch nicht getan. Nach der WM muss die Kärrnerarbeit geleistet werden, da sind vor allem die Landesverbände und Vereine gefordert. Der DHB hat dafür die Rahmenbedingungen geschaffen. «Es gibt Konzepte. Die Mitgliedergewinnung ist ein strategisches Thema bei uns», sagte Schober.
Seit einiger Zeit veranstaltet der DHB Grundschulaktionstage und das AOK-Star-Training, bei dem Nationalspieler/innen in die Schulen gehen. «Da gibt es ganz viele Ideen und einzelne Projekte, die wir umsetzen», berichtete Schober. So wurden bei der WM rund 3000 Kinder zum Vorrundenspiel Südkorea gegen China in Leipzig eingeladen. Künftig sollen auch Migranten verstärkt an die Sportart herangeführt werden. «Wir haben einen ganzen Blumenstrauß an Maßnahmen», sagte der Vorstandsvorsitzende.
Auch Sommerfeld gibt sich zuversichtlich, denn wichtige Akzente für einen Aufschwung wurden schon vor dem Turnier gesetzt. Im Nachwuchsbereich gibt es neben einem neuen Förderungs- und Sichtungssystem erstmals auch eine digital abrufbare Rahmentrainingskonzeption, deren Umsetzung vom DHB flächendeckend überwacht wird. «Diese Sachen waren uns genauso wichtig, wie ein gutes Ergebnis bei der WM zu erzielen», sagte Sommerfeld.
Im Spitzenbereich ist man dank der Überzeugungskraft von Bundestrainer Michael Biegler dabei, eine eigene Spiel- und Trainingsphilosophie zu entwickeln. «Wir haben einen großen Fundus an Nachwuchsspielerinnen mit tollen Entwicklungsmöglichkeiten. Die sind mit sehr viel Spaß bei der Sache und wirklich förderungswürdig», sagte Biegler.
Der 56-Jährige gibt sein Amt nach der WM ab, sein Nachfolger Henk Groener soll die Entwicklung fortsetzen. Denn für Olympia 2020 in Tokio hat der DHB eine Medaille als Ziel ausgegeben. Sommerfeld, der den Prozess bis dahin nicht mehr begleiten wird, ist von der Machbarkeit überzeugt. «Es hat sich gezeigt, dass man mit Einsatz und Zielorientiertheit viel erreichen und Wände verrücken kann, wenn man die richtigen Mittel einsetzt», sagte der 68-Jährige.
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(dpa)