Östersund – Kurz vor dem raschen Aufbruch zum Heimflug aus Östersund huschte Pal Dardai beim Reizwort FC Bayern ein kurzes Lächeln über das Gesicht.
Ist es ein Vor- oder Nachteil, dass nur 67 Stunden nach der bitteren 0:1-Pleite von Hertha BSC in der Europa League beim schwedischen Underdog schon das Bundesliga-Duell mit den angeschlagenen Münchnern folgt? «Vom Papier her verlierst du das Spiel», sagte Dardai bei der Pressekonferenz in einem provisorischen Tragluftzelt. «Aber wir wollen so spielen, dass wir punkten oder sogar gewinnen, auch wenn das schwierig wird.»
Bei nur einem Sieg aus den vergangenen sieben Spielen will Hertha unbedingt nicht mit einem weiteren Negativerlebnis in die Länderspielpause gehen. Dabei rechnen sich die Berliner gegen die von Paris St. Germain schwer gedemütigten Bayern nach dem Rauswurf von deren Trainer Carlo Ancelotti durchaus etwas aus. «Wenn wir dagegen halten und wie immer spielen, können wir Punkte mitnehmen», sagte Verteidiger Jordan Torunarigha, betonte aber: «Bayern ist ein Topclub. Es ist egal, ob sie einen Trainerwechsel hatten, sie sind immer noch sehr stark.» Das Wichtigste zum Spiel am Sonntag (15.30 Uhr) und dem weiteren Ausblick auf den Europapokal.
HISTORIE I: Vor gut sieben Monaten waren die Berliner dem ersehnten Sieg über den Rekordmeister ganz nah. Nach dem Treffer von Vedad Ibisevic (21. Minute) führte Hertha lange Zeit – und kassierte erst in der sechsten Minute der Nachspielzeit durch Robert Lewandowski den 1:1-Ausgleich. Durch den Punktgewinn endete zumindest die Negativserie von zuvor elf Niederlagen. Zuletzt gewann der Hauptstadtclub im Februar 2009 mit 2:1 über die Bayern.
PERSONAL: Den kräftezehrenden Trip in die schwedische Provinz Jämtland machten längst nicht alle Hertha-Stammkräfte mit. Rune Jarstein rotierte als Nummer eins wie gewohnt in der Europa League für Ersatzmann Thomas Kraft aus dem Tor. Auch Marvin Plattenhardt, Karim Rekik und Mathew Leckie standen gar nicht im Kader, Salomon Kalou wurde nicht eingewechselt. «Es war gut, dass wir Spieler zuhause gelassen haben», sagte Dardai. «Jetzt habe ich am Wochenende ein paar frische Spieler.»
STURMFLAUTE: Zum vierten Mal blieb Hertha diese Saison ohne eigenen Treffer, in neun Spielen gab es erst acht Tore – zu wenig. Die Hälfte davon erzielte Neuzugang Leckie, in Östersund blieben Kapitän Vedad Ibisevic und Alexander Esswein erneut glücklos. «Irgendwann geht der Knopf auf und dann geht’s von alleine», erwartet Valentino Lazaro, der nach überstandener Sprunggelenkverletzung sein Debüt für Berlin gab. «Das brauchen auch jetzt unsere Stürmer. Wenn der Ball ein, zweimal reingeht, ist die Leichtigkeit wieder da.» Ibisevic ist gegen die Bayern jedoch rotgesperrt.
HISTORIE II: Ein 0:0 zum Auftakt gegen Athletic Bilbao, nun das 0:1 in Östersund – schon nach zwei Vorrundenspielen stehen die Berliner mächtig unter Druck. Wie es mit dieser Ausgangslage trotzdem für das Weiterkommen reicht, hat Hertha vor acht Jahren bewiesen. Damals setzte es nach einem 1:1 gegen FK Ventspils und einem 0:1 bei Sporting Lissabon zunächst gegen den SC Heerenveen mit 0:1 sogar noch eine weitere Niederlage. Mit drei Siegen nacheinander ging es danach aber doch noch in die Runde der besten 32. In drei Wochen will Hertha bei Sorja Luhansk in der Ukraine den ersten Schritt dorthin schaffen.
Fotocredits: Soeren Stache
(dpa)