Sinsheim – 1899 Hoffenheim rühmt sich gerne seiner Nachwuchsakademie. Jetzt hat sogar ein U14-Spieler, dessen Namen die Verantwortlichen nicht in den Medien lesen wollen, den Bundesliga-Schlager gegen den FC Bayern München mitentschieden.
Ein 13-jähriger Balljunge bereitete mit einer schnellen Reaktion am Samstagabend das 1:0 vor. Der wahre Matchwinner beim 2:0-Sieg der Kraichgauer hieß freilich Mark Uth. «Super von Andrej», lobte der Doppel-Torschütze den einwerfenden Kollegen Kramaric. «Er hat schnell geschaltet – genauso wie der Balljunge.»
Die Szene in der 27. Minute ist eine für Jahresrückblicke: Bayern-Abwehrchef Mats Hummels drosch hinter der Außenlinie den Ball weit in die gegnerische Hälfte und schaute ihm versonnen hinterher. Derweil warf der Balljunge Kramaric ein zweites Spielgerät zu, der blitzschnelle Einwurf des Kroaten landete bei Uth, der mit dem Außenrist ins linke Eck traf und Manuel Neuer düpierte.
Mit einem spitzbübischen Grinsen sprach TSG-Trainer Julian Nagelsmann später von einer «einheitlichen Ausbildung» im Verein: «Die Balljungs sind immer angehalten, das Spiel schnell zu eröffnen, das kennen sie aus ihren Teams.» Weil der 30 Jahre junge «Trainer des Jahres 2016» in der Stunde des Triumphs nicht allzu schlau rüberkommen wollte, verwies er darauf, dass Neuer in dieser Hinsicht ein «super Vorbild» sei: Der Nationalkeeper würde das Spiel ständig beschleunigen und bekäme in der Allianz Arena auch immer schnell die Bälle zugeworfen.
Während Uth und seine Kollegen vor 30 150 Zuschauern in der ausverkauften Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena den ersten Streich feierten, stand auch der Balljunge plötzlich im Fokus der Kameras. Dass er später sein Konterfei und voller Name unter den Schlagzeilen stand, passte den Hoffenheimern gar nicht. «Das ist noch ein Kind – 13 Jahre», erklärte ein Sprecher des Europa-League-Teilnehmers. Gut möglich, dass der Nachwuchskicker nun am Montag auf dem Schulhof so einige Selfie mit sich machen lassen muss.
Die mediale Aufmerksamkeit kommt Uth hingegen zupass: Der Stürmer und gebürtige Kölner wollte nach der vergangenen Saison zum 1. FC Köln wechseln; Hoffenheim ließ ihn trotz des 2018 auslaufenden Vertrags nicht gehen. Mit Bayern-Leihgabe Serge Gnabry bekam der Mann mit dem eiskalten Abschluss dann einen weiteren Konkurrenten vor die Nase gesetzt. «Es war tatsächlich so, dass drei Tage vor Transferschluss noch mal ein achtstelliges Angebot aus Italien übermittelt wurde», sagte Sportchef Alexander Rosen über seinen derzeit wirkungsvollsten Angreifer. Jetzt kämpft er um die Vertragsverlängerung mit Uth.
Der 26-Jährige schraubt gerade Woche für Woche seinen Marktwert nach oben: drei Tore in drei Bundesliga-Spielen und zwei in der Champions-League-Qualifikation gegen den FC Liverpool. Mit «Uth, Uth!»-Rufen feierten die Fans ihren Helden.
Genauso eiskalt wie das 1:0 erzielte er in der 51. Minute auf Zuspiel von Steven Zuber das 2:0. Die nächste Empfehlung für einen lukrativen neuen Kontrakt oder Abgang zum Saisonende kann Uth bei der Europa-League-Premiere der «Nagelsmänner» am Donnerstag gegen die Portugiesen von Sporting Braga abgeben. Erst einmal aber muss sich der Angreifer noch bei jemandem bedanken: «Vielleicht bekommt der Balljunge noch ein Trikot, da machen wir noch was.»
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(dpa)