Wintersport

Keine Gletscher, Grenzen zu: Alpin-Asse «hängen in der Luft»

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München – Von Oberstdorf aus können Deutschlands Skirennfahrer die österreichischen Berge schon sehen, in drei Autostunden ist man normalerweise an den Gletschern in Sölden oder Kaunertal.

Dort haben in der Vorwoche die Alpin-Trainings der heimischen Wintersport-Asse begonnen. Die Deutschen sind dagegen weiter zum Trockentraining verdammt – in der Corona-Krise ist Österreich aktuell noch weit weg.

«Wir hängen hier ein bisschen in Luft», sagt der deutsche Alpin-Chef Wolfgang Maier, «da wir für unsere Vorbereitung im hohen Maße auf Schnee angewiesen sind.» Aktuell stünden für die Rennfahrer die Einheiten auf Gletscherschnee an, um die Ski für die kommende Saison zu testen. Im Sommer werden die Grundlagen für den Winter gelegt.

Wann Thomas Dreßen, Viktoria Rebensburg, Stefan Luitz und Co. wieder auf Schnee können, ist unklar. Dabei sei dem Deutschen Skiverband (DSV) aus Österreich bereits signalisiert worden, dass womöglich auch ausländische Profisportler auf die Gletscher etwa in Tirol dürften.

Die Krux aber liegt in den aktuellen, deutschen Quarantäne-Regeln bei Grenzübertritten. «Sollten wir in Sölden oder Hintertux trainieren können, wissen wir aktuell nicht, wie es dann nach der Rückkehr mit den Quarantänevorschriften aussieht. Ob wir dann zwei Wochen in die Isolation müssen oder nicht?», erklärte DSV-Chef Maier der Deutschen Presse-Agentur. «Zu den Themen äußert sich niemand im Detail.»

Abfahrts-Ass Dreßen und einige Coaches wohnen selbst in Österreich; sie könnten deshalb solche Isolationsmaßnahmen umgehen. Pläne für ein Gasttraining von Dreßen im ÖSV-Team gebe es aktuell aber nicht.

Zwar hat auch Bayern einen Gletscher. Aber «auf die Zugspitze, das wäre momentan die einzige Alternative in Deutschland, wo wir Schnee vorfinden, dürfen wir aktuell leider nicht», sagte Maier. «Unsere Athleten haben derzeit keine Chance, ihren Sport und somit auch ihren Beruf hierzulande auszuüben. Die Skispringer können auf Anlagen in Deutschland auf Matten springen, die Biathleten und Langläufer können auf Ski-Rollern trainieren. Wir sind eine der wenigen Sportarten, die ihren Sport nicht in Deutschland ausführen kann.»

Immerhin wurden nach wochenlangen Ausgangsbeschränkungen jüngst die Olympiastützpunkte wieder geöffnet, dort können die Skifahrer unter Hygieneauflagen arbeiten. «Wir haben den Fokus auf Ausdauer und Kraftausdauer gelegt», erzählte Riesenslalom-Spezialist Luitz zuletzt der «Augsburger Allgemeinen». Mit der Situation will der 28 Jahre alte Allgäuer nicht hadern. «Wir müssten auch Material testen. Aber okay, es geht nicht. Damit müssen wir jetzt umgehen.»

Die Österreicher haben unter strengen Auflagen und flankiert von vielen Corona-Tests mit dem Schneetraining begonnen. Die Italiener dürfen im Juni exklusiv den Gletscher am Stilfser Joch nutzen: Ein Hotel hoch oben auf dem Berg macht nur für die Mannschaft auf und die Lifte im Stelvio-Gebiet fahren dann ausschließlich für das Team.

Von Wettbewerbsverzerrung will Maier noch nicht sprechen. Sollte sich der Trainingsrückstand auf wenige Woche beschränken, sei das aufzuholen. «Im Augenblick spielt hier eher die psychologische Komponente eine Rolle: Die einen dürfen Skifahren, die anderen nicht.» Seine Athleten machten aktuell das Beste aus der Lage.

Wie es in den nächsten Wochen und Monaten weitergeht, ist unklar. Die im Sommer geplanten Trainingslager in Chile werden wohl gestrichen. «Das sieht aktuell sehr schlecht aus», sagte Maier.

Selbst die nächste Saison oder Teile davon könnten der Pandemie zum Opfer fallen, meinen Experten. Weltverbands-Chef Gian Franco Kasper geht davon aus, «dass der aktuelle Weltcup-Kalender Veränderungen erfahren wird», wie der Schweizer in einem Interview von skinews.ch sagte. Kasper unterstrich aber, dass Prognosen aktuell nicht seriös seien. So sieht es auch DSV-Direktor Maier. «Ich verstehe nicht, warum man immer Horrorszenarien entwirft.» Auch im deutschen Verband würden diverse Szenarien diskutiert. «Aber prinzipiell sind wir optimistisch und gehen davon aus, dass es Lösungen geben wird.»

Fotocredits: Karl-Josef Hildenbrand
(dpa)

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