Stuttgart – Boris Becker drückt der «gestressten» Angelique Kerber aus der Ferne die Daumen, die zweimalige Grand-Slam-Siegerin selbst verdrängt mit dezentem Optimismus die Abstiegsangst.
Vor dem unangenehmen Relegationsspiel gegen die Ukraine schwört sich das deutsche Fed-Cup-Team in Stuttgart auf den Verbleib in der Tennis-Weltgruppe ein. «Über die Konsequenzen machen wir uns keine großen Gedanken. Wir haben das gar nicht so richtig im Kopf», sagte Kerber auf die Frage nach der Abstiegsgefahr.
Mit zwei Einzelsiegen soll die Weltranglisten-Erste die Basis für den Erfolg legen, nachdem sie bei der Erstrunden-Niederlage auf Hawaii ausgesetzt hatte. Am Eröffnungs-Samstag tritt die Norddeutsche in der zweiten Partie als klare Favoritin gegen Lessia Zurenko an. Zuvor spielt Julia Görges gegen die Weltranglisten-13. Jelina Switolina.
Am Sonntag kommt es zunächst zum Duell der Topspielerinnen zwischen Kerber und Switolina, gegen die die Schleswig-Holsteinerin die vergangenen drei Partien verloren hat. Danach steht Görges Zurenko gegenüber. Für das abschließende Doppel sind vorerst Laura Siegemund und Carina Witthöft nominiert. Die Aufstellungen können aber noch geändert werden. «Ich wünsche unseren Damen alles Gute», erklärte Becker.
Nach außen gibt sich die schwarz-rot-goldene Mannschaft harmonisch und leicht positiv gestimmt. Schmunzelnd bestieg Kerber nach der Auslosung den Paternoster-Aufzug. Doch die Kielerin wirkte wie die gesamte Auswahl und Bundestrainerin Barbara Rittner im überschaubar gefüllten Großen Saal des Stuttgarter Rathauses angespannt.
Natürlich ist dem Finalisten von 2014 die Relevanz des kniffligen Duells bewusst. Verliert das deutsche Team am Wochenende gegen die Ukrainerinnen mit Spitzenspielerin Switolina, verabschiedet es sich wie zuletzt 2012 aus der Weltgruppe der besten acht Nationen. Alle Titel-Hoffnungen wären dann zumindest bis 2019 dahin.
Auch vor einem Jahr mussten Kerber & Co. bereits in der Relegation ran. Die Erfahrungen aus dem Erfolgserlebnis in Rumänien sollen diesmal helfen. «Ich habe auf jeden Fall ein gutes Gefühl», sagte Kerber. «Das Team gibt einem immer noch mal den letzten Kick, alles aus sich herauszuholen. Ich glaube, das werden wir am Wochenende brauchen. Das ganze Team muss zusammenhalten. Nur so können wir die Ukraine schlagen.»
Kerber ist selbstverständlich gesetzt, auf sie wird es sicherlich ankommen. Der Linkshänderin rauben jedoch nach ihrem Aufstieg an die Spitze der Branche auch Termine abseits des Platzes Energie. «Sie ist eher ein introvertierter Mensch, der sich gerne zurückzieht, und das fehlt ihr einfach», sagte Rittner bei spox.com. «Sie ist insgesamt gestresster und immer auf dem Sprung. Sie ist oft in dem Zwiespalt, dass sie es vielen Leuten recht machen will, und muss lernen, auch einmal «Nein» zu sagen. Das alles liegt ihr ein bisschen im Magen, aber sie kann von Woche zu Woche besser damit umgehen.»
Fotocredits: Daniel Maurer
(dpa)