Bad Ragaz – Das traditionelle Aufnahmeritual bestanden die beiden Weltmeister mit Bravour. Zum Vergnügen seiner künftigen Dortmunder Mitstreiter versuchte sich André Schürrle als Sänger.
«Das war sicher nicht meine beste Performance», gestand der ehemalige Wolfsburger, «aber es war sehr lustig». Der vom FC Bayern heimgekehrte Mario Götze schlüpfte bei der abendlichen Gaudi im noblen Schweizer BVB-Teamquartier auf Geheiß seiner Kollegen in die Rolle des Kellners. «Immerhin musste ich nicht singen», kommentierte er schmunzelnd.
Nicht nur beim Einstand der beiden insgesamt rund 52 Millionen Euro teuren Nationalspieler herrschte prächtige Stimmung. Auch auf dem Trainingsplatz hinterließen die beiden Problemfälle der vergangenen Saison einen gelösten Eindruck. Doch erste Schlagzeilen, er habe schon in den ersten Tagen beim BVB zurück zu seinem Lächeln gefunden, hält Götze für übertrieben: «Es ist nicht so, wie es dargestellt wird. Ich habe auch in den letzten drei Jahren gelacht und war ein glücklicher Mensch.»
Die beiden teuersten Dortmunder Sommertransfers teilen sich in Bad Ragaz das Zimmer. Das kommt wenig überraschend. Schließlich verbrachten sie nach der EM auch den Urlaub gemeinsam. Die enge Freundschaft könnte die Integration vereinfachen. «Sie haben eine Qualität, die wir benötigen. Man hat ihre Spielfreude gesehen», urteilte Trainer Thomas Tuchel nach dem ersten Kurzeinsatz seiner beiden Wunschspieler beim 1:1 gegen Sunderland.
Vor allem Götze steht ein schwerer Weg bevor. Schließlich muss er all jene Kritiker im BVB-Anhang überzeugen, die ihm noch immer seinen Wechsel zum FC Bayern im Sommer 2013 verübeln. Erste Signale machen Mut: Im Trainingslager wurde der Rückkehrer wiederholt in Sprechchören gefeiert. «Für mich ist es etwas neues Altes», beschrieb Götze seine ersten Tage im vertrauten schwarzgelben Sportdress.
Tuchel hat große Pläne mit dem Edeltechniker. Aus der falschen Neun der Nationalmannschaft soll beim BVB wieder eine echte Zehn werden, die hochkarätige Mitstreiter wie Pierre-Emerick Aubameyang, Schürrle, Reus oder Ousmane Dembélé in Szene setzt und auch selbst den Abschluss sucht. Das Vorhaben des Fußball-Lehrers ist ganz im Sinne von Götze: «Ich fühle mich im Zentrum, auf der acht oder zehn am wohlsten.»
Ähnlich wie Götze hat auch Schürrle eine wenig befriedigende Saison hinter sich. Auch er kann sich sicher sein, dass sein neuer Trainer hinter ihm steht. Beide haben sich in ihren gemeinsamen Tagen beim FSV Mainz 05 kennen- und schätzen gelernt. Dass er mit rund 30 Millionen Euro der teuerste Zugang im Dortmunder Edelkader ist, erhöht laut Schürrle nicht den Druck: «Ich war schon bei meinen Wechseln nach Leverkusen und nach Wolfsburg der Teuerste. Ich mache diese Preise nicht.»
Parallelen zu Götze sind unverkennbar. Weil die Karriere des einstigen «Bruchweg-Boys» zuletzt stagnierte, wurde auch dessen Verpflichtung nicht von allen BVB-Fans begrüßt. Doch Tuchel schätzt die selbstlose Spielweise von Schürrle und machte sich deshalb für seine Verpflichtung stark. Ein weiterer Vorteil des 25-Jährigen: Er bringt mit 55 Länderspielen und 32 Partien in der Champions League die Erfahrung mit, die vielen seiner jungen Kollegen im Kader noch fehlt.
Nach relativ kurzen Intermezzos bei den Clubs aus Leverkusen, Chelsea und Wolfsburg, für die er seit seinem Abschied aus Mainz 2011 unter Vertrag stand, strebt Schürrle in Dortmund einen längeren Verbleib an: «Ich habe einen Fünfjahresvertrag unterschrieben. Und den würde ich gern erfüllen. Ich kann die Vorfreude nicht in Worte fassen.»
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(dpa)