Wolfsburg (dpa) – Zumindest Auswärts-Vizemeister ist Eintracht Frankfurt aktuell schon. Dank beeindruckender Effizienz in der Fremde könnte der Weg von Niko Kovacs abgeklärten Hessen im Sommer gar in die Champions League führen.
«Wenn am Ende etwas übrig bleibt, dann werden wir das mitnehmen, da können Sie sicher sein», sagte Eintracht-Coach Kovac nach dem souveränen 3:1 (2:0) beim VfL Wolfsburg bestimmt. Mit 30 Punkten aus 19 Spielen trennt die SGE nur noch ein Zähler von den Champions-League-Rängen.
Sogar VfL-Coach Martin Schmidt war am Samstag baff. «Das ist in Sachen Körperlichkeit die Top-Mannschaft der Liga, auch bei den zweiten Bällen haben sie absolute Top-Werte», sagte der Coach der völlig chancenlosen Hausherren. «Wir hatten es mit einem gnadenlos effektiven Gegner zu tun, wir haben Lehrgeld bezahlt.»
Auswärts ist nur noch Rekordmeister und Tabellenführer Bayern München mit 22 Punkten aus zehn Spielen besser. Frankfurt holte 21 aus zehn Partien. «Das Umschaltspiel liegt uns aktuell einfach mehr», sagte Kovac herzhaft lachend. Der aktuelle Erfolg der Eintracht wird vor allem auch ihm zugeschrieben. Der frühere kroatische Nationalcoach hatte die Eintracht im März 2016 übernommen und ist seitdem mit bescheidenen Mitteln erfolgreich. Schon in der vergangenen Saison stand die Eintracht mit einem eher durchschnittlich besetzten Bundesliga-Kader lange in der Spitzengruppe.
Im Sommer kam in Sébastien Haller ein französischer Stürmer aus Utrecht, der in Wolfsburg bei seinem trockenen 1:0 (18. Minute) – seinem achten Saisontor – seine ganze Klasse offenbarte. «Wir haben ihn lange gescoutet», erklärte Kovac lapidar. «Natürlich will ich noch mehr Tore in dieser Saison machen», versprach Haller artig.
Ein Schlüssel zum Erfolg am Samstag war auch Marius Wolf, der die Tore von Haller und Timothy Chandler (22.) vorbereitete. Wolf liehen die Frankfurter vor einem Jahr vom damaligen Zweitligisten Hannover 96 aus, wo er für zu schlecht befunden wurde. Wer den aktuellen Wolf mit dem aus Hannover vergleicht, bekommt eine Ahnung davon, wie sehr Kovac Spieler besser machen kann.
Immer wieder wird der Kroate als möglicher Nachfolger von Jupp Heynckes als Bayern-Coach gehandelt. «Ich denke, dass er da als Trainertyp perfekt hinpassen würde. Er hat selbst bei Bayern gespielt, hat immer noch gute Beziehungen dorthin», befand zuletzt selbst Eintracht-Profi Kevin-Prince Boateng bei Sport1, sagte aber auch: «Er wird bei der Eintracht jeden Tag größer und es wird nicht so leicht, ihn hier wegzulotsen.»
Eigentlich verkörpert Kovac perfekt den Trainer-Typus, den der frühere Bayern-Profi Mehmet Scholl vor geraumer Zeit öffentlich geißelte. Kompakt stehen, starkes Umschaltspiel und ein körperlich robustes Auftreten sei neuerdings das Nonplusultra in der Bundesliga, hatte Scholl sinngemäß kritisiert. All das beherrscht die Eintracht vor allem auswärts nahezu perfekt. Dies ginge indes alles zu Lasten des kreativen, schönen Spiels – meinte Scholl.
Und genau da besteht bei den Frankfurtern in der Tat Handlungsbedarf. Gerade einmal einen Punkt pro Spiel holte die SGE bislang daheim, wenn sie die Partie gestalten muss. Zu Hause ist Frankfurt das drittschlechteste Team. «Die Erwartungshaltung daheim ist halt schon groß», meinte Kovac dazu, beeilte sich aber auffallend schnell, hinterherzuschieben, dass sich sein Team «schon auch fußballerisch sehr entwickelt» habe: «Eintracht Frankfurt ist nicht nur eine Mannschaft, die kämpfen und laufen kann. Wir können auch Fußball spielen.» Zu beweisen wäre dies am Freitag gegen Borussia Mönchengladbach, einem der spielerisch besten Teams der Liga – daheim in Frankfurt.
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