Sinsheim – Der FSV Mainz 05 fühlt sich im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga von den eigenen Fans im Stich gelassen.
Früher spotteten nur die gegnerischen Anhänger («Ihr seid nur ein Karnevalsverein») über den Club, jetzt verhöhnt schon das eigene Publikum die kriselnde Mannschaft von Trainer Sandro Schwarz. «Oh, wie ist das schön», tönte es am Samstag bei der 2:4-Niederlage des Tabellen-16. bei 1899 Hoffenheim von den Gäste-Rängen und: «Zugabe!». Geschlossen verweigerten die Profis daraufhin nach dem Abpfiff den Gang in die Kurve.
«Mit so einer Stimmungslage, wie wir sie haben, wird es nicht funktionieren», schimpfte Schwarz. «Es fühlt sich so an, als ob wir schon abgeschlagen Letzter sind oder abgestiegen.» Drei Tage nach dem hilflosen 0:3 im DFB-Pokal-Derby in Frankfurt erlitten die Nullfünfer den nächsten Rückschlag. Auswärts sind die Rheinhessen immer noch sieglos, nach nur einem Erfolg aus den letzten zehn Punktspielen ist die Lage prekär. «Wir sind Mainzer und ihr nicht!», brüllten die etwa 1300 mitgereisten Fans ihrer Mannschaft am Ende hinterher.
Bereits nach der Pleite in Frankfurt, als seine Spieler von der eigenen Anhängerschaft beschimpft und beleidigt worden waren, hatte Schwarz beklagt, dass er «seine Mainzer» manchmal kaum wiedererkenne. «Tatsächlich bin ich auch manchmal sprachlos, wie negativ und griesgrämig viele Leute derzeit eingestellt sind. Wir waren immer so positiv, stolz auf den Verein, optimistisch. Selbst in den düstersten Abstiegskämpfen der Zweiten Liga. Das ist derzeit weg», sagte der gebürtige Mainzer.
Trotz des Liebesentzugs der eigen Anhänger ist sich Sportvorstand Rouven Schröder sicher, «dass alle Fans 05 im Herzen haben». Dieses Gefühl sei aber an diesem Tag «etwas abhanden gekommen. Das habe ich auch zum ersten Mal erlebt, dass kein Zuspruch da war, keine Anfeuerung.» Damit meinte er vor allem die Situation, als die Nullfünfer durch den zweiten Treffer von Emil Berggreen (29./80.) wieder auf 2:3 herangekommen war. Am Ende aber setzten sich die Hoffenheimer dank der beiden Doppelpacks von Adam Szalai (27./74.) und Andrej Kramaric (67./88.) verdient durch.
Das Gäste-Publikum schickte sein Team mit gellenden Pfiffen in die Kabine. «Das ist eine Situation, die schwierig zu verarbeiten ist für die Mannschaft. Das tut weh, das ist der falsche Weg», sagte Schröder. Ebenso wie Schwarz sieht er Gesprächsbedarf – bei den Anhängern. Dem Trainer sicherte Schröder «volle Rückendeckung» zu.
Der Ex-Mainzer Szalai zeigte den 24 105 Zuschauern in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena dann, wie man richtig feiert. Mit nacktem Oberkörper stimmte er auf dem Zaun das «Humba» an – so wie es der ungarische Nationalstürmer einst zu seiner FSV-Zeit mit den «Bruchweg-Boys» André Schürrle und Lewis Holtby tat.
Nach dem ersten Sieg 2018 und einer unruhigen Woche mit Personaldiskussionen um Sport-Geschäftsführer Hansi Flick war die Erleichterung groß bei den Hoffenheimern. «Ich finde, dass unsere Leistungen alle nicht so schlecht waren wie unsere Ergebnisse», sagte Trainer Julian Nagelsmann bei seinem zweijährigen Dienstjubiläum.
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(dpa)