London – Nach der Krönung seiner Fabelsaison strahlte Andy Murray gemeinsam mit seinen zwei Siegerpokalen und einer ganzen Schar an Ballkindern über das ganze Gesicht.
Der schottische Branchenprimus wurde nach seinem 6:3, 6:4-Sieg über Dauerrivale Novak Djokovic bei der ATP-WM in London gleich mit zwei Trophäen beschenkt: der silberne Siegerpokal für den Titel bei den World Tour Finals und ein Henkelpokal, weil er das Jahr als Nummer eins der Weltrangliste beendet. Beide Trophäen hatte Murray zuvor noch nie gewonnen.
«Das ist ein ganz besonderer Tag für mich. Ich bin glücklich, dass ich gewonnen habe und das Jahr als Nummer eins beende», sagte der Lokalmatador, der von den euphorisierten Fans in der Londoner O2-Arena laustark bejubelt wurde. Nach 1:42 Stunden verwandelte er seinen dritten Matchball, um das Endspiel um WM-Titel und Tennis-Krone 2016 gegen Djokovic für sich zu entscheiden.
«Er ist der beste Spieler der Welt und er verdient es, diesen Titel zu gewinnen», lobte Djokovic. Der Serbe hatte nach einer von Krisen geprägten zweiten Jahreshälfte pünktlich zum Jahresabschluss wieder zu seiner Bestform gefunden und war sogar als leichter Favorit in das seit einer Woche herbeigesehnte Traumfinale gegangen.
Als Murray bei Feuerwerk und Konfetti nacheinander seine Pokale in den Himmel reckte, konnte der Schützling von Boris Becker trotzdem nur zuschauen und anerkennend klatschen. Zum ersten Mal in der Geschichte der ATP-Tour musste ein direktes Duell als letztes Match der Saison darüber entscheiden, wer die Spielzeit als Nummer eins der Welt beendet. Für Murray war es der fünfte Turniersieg in Serie, er gewann zuletzt 24 Partien nacheinander.
Nur einen Tag nach seinem Marathon-Match über 3:38 Stunden gegen Milos Raonic zeigte sich der Olympiasieger von Rio bestens erholt und setzte den Serben mit seinem Aufschlag und seinen Grundschlägen von Anfang an unter Druck. Murray erwischte vor den Augen von Fußball-Weltmeister Bastian Schweinsteiger und Ana Ivanovic seinen mit Abstand besten Tag bei diesem Turnier und führte seinen Widersacher in der Schlussphase der Partie phasenweise vor.
Bei Djokovic selbst war von der Leichtigkeit, mit der er Kei Nishikori zuvor lediglich zwei Spielgewinne überließ, nichts mehr zu spüren. Der Becker-Schützling leistete sich teilweise ungewöhnlich leichte Fehler am Netz und von der Grundlinie.
Djokovic verliert damit zum ersten Mal ein Finale bei der ATP-WM. Zuvor hatte er bei fünf Finalteilnahmen fünfmal den Titel gewonnen, zuletzt in den Jahren 2012 bis 2015 sogar durchgehend. Der Dominator der vergangenen Jahre verpasste es mit dem verlorenen Finale, bei den ATP-WM-Titeln mit Roger Federer (6) gleichzuziehen. Anders als 2011, 2012, 2014 und 2015 beendet er das Jahr damit auch nicht als Nummer eins, obwohl er zur Jahresmitte noch einen riesigen Vorsprung hatte.
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(dpa)