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Nach Ära Stich: Viele Fragezeichen um Hamburger Turnier

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Hamburg – Bilanz ziehen möchte Michael Stich noch nicht. «Wir sind ja noch mitten im Turnier», sagt der Turnierdirektor der German Open am Hamburger Rothenbaum. Erst am Sonntag, wenn der letzte Ball geschlagen ist, will Stich sein Fazit verkünden – zum letzten Mal.

Denn nach zehn Jahren wird der ehemalige Wimbledonsieger 2019 nicht mehr für die Veranstaltung verantwortlich sein. Der Deutsche Tennis Bund hat die Lizenz für die Veranstaltung an den Österreicher Peter-Michael Reichel vergeben und für die Zukunft Großes vor.

«Gemeinsam wollen wir das Turnier nach vorne bringen und besser machen», sagt Dirk Hordorff, der im Verband für den Leistungssport zuständige Vize-Präsident. Stich haben sie eine solche Entwicklung offenbar nicht mehr zugetraut, obwohl der 49-Jährige das Turnier, das einst zur höchsten Kategorie unterhalb der Grand Slams gehört hatte, nach dem Verlust der Top-Lizenz vor dem Niedergang gerettet hat.

Deshalb reagierte Stich im Herbst des vergangenen Jahres auch mit großer Enttäuschung auf die Entscheidung gegen ihn. Heute sagt er: «Da ist kein Frust. Ich habe die Entscheidung immer akzeptiert. Verstanden habe ich sie aber bis heute nicht. Aber das Leben geht weiter.» Man merkt jedoch, dass er das Turnier in seiner Heimatstadt gerne weitergeführt hätte – allen Problemen mit dem schwierigen Termin zwischen Wimbledon und den US Open und dem für diese Zeit ungünstigen Sandbelag zum Trotz.

Wie geht es mit dem Turnier in der Hansestadt nun also weiter? Der Blick in den Kalender für das kommende Jahr suggeriert keine Veränderungen. Vom 22. bis 28. Juli 2019 sind die German Open dort verankert, als Belag ist Sand angegeben. Alles wie immer also? Für 2019 mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wohl. «Der Termin für 2019 steht», sagt Hordorff. Und auch am Belag wird sich im kommenden Jahr wohl nichts ändern.

Es dürfte ein Übergangsjahr für die Veranstaltung werden. Denn um einschneidende Veränderungen bei einem Turnier vorzunehmen, bedarf es der Zustimmung zahlreicher Stellen. Die Herrenorganisation ATP, die Stadt Hamburg, der DTB, der Veranstalter – sie alle müssen irgendwie zusammenfinden. «Es ist nicht so, dass wir einfach sagen können, wir legen das Turnier auf einen bestimmten Termin und spielen auf diesem Belag», sagt Hordorff. Zumal in Hamburg auch noch der Club an der Alster als Besitzer des Stadions ein Wörtchen mitzureden hat.

Hinter den Kulissen laufen seit Monaten zahlreiche Gespräche. Die Idealvorstellung für den Deutschen Tennis Bund sieht wohl so aus: Hamburg bleibt Standort, der Termin bleibt auch, nur der Belag wird von Sand- auf Hartplatz gewechselt. Dann würde das Aushängeschild Alexander Zverev sicher auch wieder in seiner Geburtsstadt spielen. Und wenn man dann noch träumen darf, würde an der Alster in Zukunft zwei Wochen lang Spitzentennis gespielt. Eine Woche bei den Herren und eine Woche bei den Damen.

Denn der Verband versucht seit langem, ein weiteres Damen-Event nach Deutschland zu holen. Früher, zu den guten alten Steffi-Graf-Zeiten, gab es Damen-Tennis der Spitzenklasse in Hamburg und Berlin. Derzeit gibt es den hochklassigen Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart und das kleine, um sein Überleben kämpfende Turnier in Nürnberg – für das Reichel übrigens auch die Lizenz besitzt. Dank Wimbledon-Champion Angelique Kerber scheinen die Zeiten für Damen-Tennis hierzulande gerade optimal zu sein. Weshalb Hordorff sagt: «Wenn es das richtige Angebot gibt, würden wir sicher zuschlagen.»

Doch das ist Zukunftsmusik. Erst einmal geht es um das Herren-Turnier in Hamburg. Reichel will sich im Moment zum Stand der Pläne nicht äußern. «Wir möchten zuerst einmal die letzte Ausgabe des Turniers am Rothenbaum mit Herrn Stich zu Ende gehen lassen», teilte Sandra Reichel, Tochter von Peter-Michael Reichel und Turnierdirektorin bei dessen Damen-Turnieren in Linz und Nürnberg, auf dpa-Anfrage mit.

Als er den Zuschlag für das Hamburger Turnier bekam, war Reichel nicht ganz so zurückhaltend und ließ sogar den Standort offen. «In das Turnier muss dringend investiert werden», sagte er dem «Hamburger Abendblatt». «Wir wollen, dass die Hamburger Lizenz wieder erleuchtet im Tennis-Weltkalender.» Große Worte – auf die Taten darf man gespannt sein.

Fotocredits: Markus Scholz
(dpa)

(dpa)

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