Stuttgart – Mischa Zverev legte sich das Handtuch über die Schultern, packte seine Tennistasche und verließ mit gesenktem Kopf enttäuscht den Stuttgarter Center Court.
Mit dem 7:6 (7:2), 6:7 (4:7), 5:7 im Dreisatz-Krimi gegen den Spanier Feliciano Lopez hat der 29-jährige Hamburger die große Chance auf den Einzug ins Endspiel des Rasenturnier nicht genutzt. In 2:04 Stunden Spielzeit fehlten der deutschen Nummer zwei am Samstag nur wenige Punkte. So endete Zverevs Erfolgsserie bei dem MercedesCup nach dem Viertelfinalsieg über Tommy Haas ohne die nächste Chance auf seinen ersten Titel auf der ATP-Tour.
Bei 5:6 im dritten Satz aus Sicht von Zverev gab es die ersten Breakbälle der Partie überhaupt – und sie bedeuteten Matchbälle. Einen wehrte der Deutsche noch ab. Dann leistete er sich einen Doppelfehler. Erst nach der Challenge des Spaniers war auf der Leinwand zu erkennen, dass Zverevs zweiter Aufschlag im Aus war.
Zwei Wochen vor Wimbledon kann die deutsche Nummer zwei trotzdem Selbstvertrauen aus Stuttgart mitnehmen. Das mit 701 975 Euro dotierte Turnier muss im Endspiel am Sonntag aber ohne deutsche Beteiligung auskommen. Nach dem frühen Aus von Grand-Slam-König Roger Federer und weiterer Topspieler trifft der Weltranglisten-33. Lopez auf den Franzosen Lucas Pouille oder dessen Landsmann Benoit Paire. Vor einem Jahr hatte sich der diesmal nicht angetretene Österreicher Dominic Thiem gegen Philipp Kohlschreiber die Trophäe gesichert.
Im Schatten seines 20-jährigen Bruders Alexander Zverev hat sich Mischa Zverev zur deutschen Nummer zwei gemausert – und war am Wochenende als einziger von anfangs acht deutschen Profis übrig geblieben. Sein Bruder hatte sich dagegen entschieden, in Stuttgart teilzunehmen, und damit die Veranstalter geärgert. In s’Hertogenbosch stand für ihn am Samstagnachmittag ebenfalls das Halbfinale an.
Im Duell zweier Linkshänder zwischen Zverev und Lopez bestimmten die Aufschläger das Geschehen. Keiner der beiden gönnte seinem Kontrahenten in den ersten beiden Sätzen eine Breakchance. Bei 4:5 im ersten Satz ließ sich der Deutsche während des Seitenwechsels kurz am rechten Bein behandeln, geriet aber auch danach beim Service nicht in Bedrängnis. Folgerichtig musste der Tiebreak entscheiden – und als nach 40 Minuten eine Vorhand des Spaniers erst gegen die Netzkante und dann ins Aus ploppte, hatte Zverev den ersten Satz sicher.
Auch danach wählte der deutsche Davis-Cup-Spieler gegen den unangenehmen Weltranglisten-33. bei eigenem Aufschlag konsequent den Weg nach vorn. Bei bedecktem Himmel und kühleren Temperaturen als an den ersten Turniertagen zitterte sich Zverev ein wenig durch sein Spiel zum 5:4, aufmunternder Applaus begleitete ihn. Ein Break blieb aus. Im Tiebreak war Zverev nur drei Punkte vom Halbfinalerfolg entfernt, doch diesmal hatte Lopez das bessere Ende für sich.
Lange erlaubte sich auch im dritten Abschnitt keiner der beiden eine Schwäche beim Aufschlag – bis zum entscheidenden Aufschlagverlust von Zverev. Vor drei Wochen hatte es in Genf noch mit dem Endspieleinzug geklappt. Mischa Zverevs ersten ATP-Titel verhinderte aber der Schweizer Topspieler Stan Wawrinka.
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(dpa)